Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 129. Sitzung / 53

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Posch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. - Bitte.

11.37Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Wenn heute der Bericht über das Volksbegehren "Schilling-Volksabstimmung" quasi enderledigt wird - nämlich negativ -, wird ein Schlußstrich unter ein FPÖ-Volksbegehren gezogen, das mit einer klaren Niederlage geendet hat. Statt unter die zehn stimmenstärksten Volksbegehren zu kommen, haben nur 254 000 Menschen dieses Volksbegehren unterzeichnet. Das sind wesentlich weniger, als erwartet wurde. Da helfen auch Ausflüchte nicht, etwa daß viele Österreicher im Geiste mitunterschrieben hätten, wie Frau Riess-Passer gesagt hat, daß man das Thema Euro diskutieren wolle, wie es Ihr Parteiobmann gesagt hat, oder daß es nur um den richtigen Zeitpunkt der Einführung gehe.

Das geschieht nicht aus mangelndem Respekt vor dem Souverän, den 254 000 Unterzeichnern. Die Mehrheit der Österreicher hat eben offensichtlich anders entschieden, und das ist auch eine Art Plebiszit.

Wenn mit 1. Jänner 1999 die dritte Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion in Kraft tritt, wird es nicht eine neue Rechnungseinheit namens Euro geben, wie es Herr Abgeordneter Krüger formuliert hat, oder eine "Esperanto-Währung", wie Herr Abgeordneter Stadler gesagt hat; es wird auch kein fragwürdiges Währungsprojekt geben. Man setzt sich damit nicht über die Köpfe der Österreicher hinweg. Die diesbezügliche Volksabstimmung hat ja bereits stattgefunden, nämlich jene über den Beitritt zur EU im Jahre 1994. Das hat Ihnen Herr Abgeordneter Van der Bellen bereits zu erklären versucht. Es wird Ihnen ja wohl auch nicht entgangen sein, daß sogar Ihr eigener Wirtschaftssprecher, Herr Abgeordneter Prinzhorn, einbekannt hat, daß ein Ausscheiden Österreichs aus dem Euro-Verbund nicht verkraftbar wäre. - Aus all diesen Gründen ist dieses Volksbegehren in Wirklichkeit politisch nicht ganz ernst zu nehmen.

Dabei hätte die Einführung des Euro durchaus eine inhaltliche Auseinandersetzung verdient, weil es selbstverständlich Risken und Nachteile gibt. Es sollte nicht verschwiegen werden, daß die Umstellung auf Euro nicht bloß ein technischer Vorgang ist, es steckt auch kein ökonomischer Sachzwang dahinter: Der Sinn des Euro besteht in seinen politischen Zielen, nämlich in der Einschränkung und schließlich in der Beendigung der innereuropäischen Konkurrenz. Insofern ist er die konsequente Weiterentwicklung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und des Binnenmarktes.

Es geht um die Bewirtschaftung Europas durch einen politischen Standortbetreuer und Währungshüter, nämlich die Europäische Zentralbank, und um die Ausschaltung des innereuropäischen Nationalismus. Und das ist ein primär politisches Ziel und real natürlich eine Machtverschiebung zuungunsten der Nationalstaaten.

Selbstverständlich wird der Euro eine stabile und harte Währung sein, ein verläßliches Kreditgeld, weil mit der Einigung auf die Stabilitäts- und Konvergenzkriterien in Wirklichkeit das innereuropäische Recht auf Einmischung in die Haushaltsführung der Partner unausgesprochen etabliert wurde, um eine stabile Währung zu gewährleisten. Und dafür wurde politisch ein hoher und schmerzhafter Preis bezahlt - ich denke nur daran, wie die einzelnen Nationalstaaten ihre unsolide Haushaltsführung beseitigt haben: durch Privatisierungen, durch den Verkauf von Staatsbesitz, durch Kürzungen im Sozialbereich, Sparpakete und so weiter; das darf ja nicht verschwiegen werden.

Daher macht mir weniger die Stabilität des Euro Sorge als vielmehr der politische Preis, der für die Stabilität gezahlt werden mußte. Es ist ja nicht zu leugnen, daß mit der einseitigen Orientierung der Konvergenzkriterien auf geldpolitische Rücksichtnahme - nämlich Inflation, Zinsen, Defizit und Verschuldung - ohne Berücksichtigung des Faktors Arbeit beziehungsweise der Arbeitslosigkeit großer sozialpolitischer Handlungsbedarf entstanden ist.


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