Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 129. Sitzung / 59

Im § 42 heißt es lapidar: "(3) Zur Außenwirtschaftsförderung unterhält die Bundeskammer entsprechende Einrichtungen". Punkt, Ende. Kollege Nußbaumer wird noch darauf eingehen. Ein Milliardenimperium wird mit einem Halbsatz gestreift! Das ist ja auch nicht im Sinne der Akzeptanz dieser an sich guten Einrichtung, meine Damen und Herren.

Dann gibt es noch eine wilde Geschichte im § 62, Stellvertretung: Nichtanwesende "können ihr Stimmrecht schriftlich einem anderen stimmberechtigten Mitglied des betreffenden Kollegialorganes übertragen." Das heißt also, ich sage dem Franz, daß er für mich in dem Gremium abstimmt. (Abg. Dr. Graf: Das gibt's ja gar nicht!) Das müssen Sie sich vorstellen! Für Beschlüsse muß mindestens ein Drittel anwesend sein. Es gibt Fachgruppen mit fünf Mandaten: Zwei Mandatare müssen anwesend sein, es genügt daher bei Übertragung von nur einem Stimmrecht die Anwesenheit eines einzigen Mandatars zur Beschlußfassung. (Abg. Dr. Graf: Das ist ja unglaublich!)

Also dieser betreffende Mandatar zeigt mit zwei Händen auf und stimmt darüber ab, was da beschlossen werden kann.

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie inständig, diese Dinge so zu sehen, wie wir sie hier und im Ausschuß auf den Tisch gelegt haben. Es ist keine Bösartigkeit der Opposition, wenn sie auf diese Defizite hinweist, denn dieses Gesetz wird von der Öffentlichkeit als das gesehen werden, was es ist, nämlich als ein demokratiepolitischer Unfall. Daher werden wir Ihnen Gelegenheit dazu geben, geheim abzustimmen.

Schon aufgrund dieser wenigen Beispiele, die noch ellenlang fortsetzbar wären, ist festzuhalten, daß es nicht verständlich ist, warum Sie dieses Wirtschaftskammergesetz, Herr Bundesminister - es stammt aus Ihrem Hause, es handelt sich um eine Regierungsvorlage -, in dieses Haus gebracht haben, und es ist mir nicht verständlich, daß es nach der Abstimmung im Ausschuß auch hier im Plenum eine Mehrheit finden wird. Ich muß sehr bedauernd zur Kenntnis nehmen, daß Sie nichts dazugelernt haben, was das Wahlrecht anlangt - neben anderen strukturellen Problemen, die aufgetaucht sind. Ich möchte nicht sagen, bei Philippi sehen wir uns wieder, sondern mit Sicherheit vor dem Verfassungsgerichtshof. - Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Mag. Peter.)

12.01Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Maderthaner. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. - Bitte, Herr Abgeordneter.

12.01Abgeordneter Ing. Leopold Maderthaner (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Haigermoser! Es wäre natürlich ein Wunder, wenn Sie an diesem neuen Wirtschaftskammergesetz ein gutes Haar ließen. Natürlich ist das alles für Sie schlecht; das ist mir klar, ich verstehe es auch, dem kann die Opposition nicht gut zustimmen. Nur sollten Sie auch das erwähnen, was gut ist, aber das werde ich versuchen darzustellen. (Abg. Aumayr: Das wird schwierig werden! - Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Das Wirtschaftskammergesetz - meine Damen und Herren, hören Sie zu! -, das heute im Nationalrat zur Debatte steht, symbolisiert nach außen hin durchaus den Wandel, dem unsere Gesellschaft, die österreichische Wirtschaft und deren Standesvertretung in den letzten Jahrzehnten unterworfen waren. Und es soll auch die Dynamik ermöglichen, die unsere Wirtschaft und jeder einzelne Betrieb heute und in Zukunft brauchen. Es löst das Handelskammergesetz aus dem Jahr 1946 ab, das in der Zwischenzeit elfmal novelliert worden ist. Wir wollen jedenfalls damit eine gesetzliche Grundlage der Interessenvertretungen der österreichischen Wirtschaft neu und übersichtlich ordnen, und das ist mit diesem Gesetz geschehen.

In den letzten Jahren sind die gesetzlichen Interessenvertretungen unseres Landes manchmal in öffentlicher Diskussion gestanden und zum Teil auch sehr heftig kritisiert worden, aber sie haben sich alle dem Votum ihrer Mitglieder gestellt. Auch das möchte ich noch einmal festhalten. Bei der Befragung der Mitglieder in den Wirtschaftskammern Ende 1995/Anfang 1996


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