Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 129. Sitzung / 62

Geld brauchen?! (Abg. Dr. Stummvoll: Die Unternehmer sind nicht so dumm, wie Sie glauben!) 7 000 Millionen Schilling im Jahr! 7 Milliarden Schilling im Jahr kostet die Wirtschaftskammer Österreich! Das ist die teuerste Wirtschaftskammerorganisation in der gesamten Europäischen Union, gerechnet auf die Unternehmer. Keine einzige Wirtschaftskammerorganisation nimmt ihren Mitgliedern soviel Geld ab, wie Sie es tun! Das ist die Schande bei dieser ganzen Frage. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. - Zwischenruf des Abg. Ing. Maderthaner.)

Meine Damen und Herren! Wenn man also in einem neokorporatistischen System Pflichtmitglieder hat, dann trägt man doch Verantwortung, und wenn man Verantwortung trägt, ist das auch Verantwortung hinsichtlich der Schaffung von Rahmenbedingungen für die österreichischen Unternehmer. Machen wir doch einen Drittvergleich mit der Europäischen Union, wie denn die Rahmenbedingungen der österreichischen Unternehmer sind! Nur dann können wir die Leistungen der Wirtschaftskammer wirklich messen.

Wir haben in Österreich die vierthöchsten Arbeitskosten innerhalb der Europäischen Union, aber leider nur die neunthöchsten Bruttolöhne. Wir haben eine sehr bedauernswerte und schlechte Ertragslage in den kleinen und mittleren Unternehmungen. Diesbezüglich können Sie jederzeit bei der Nationalbank nachfragen. Wir haben eine Eigenkapitalsituation, die in vielen Branchen negativ ist - daran müssen doch auch die Rahmenbedingungen schuld sein. Wir haben einen Risikokapitalmarkt, der trotz vieler Bemühungen dieser Bundesregierung leider noch nicht wirklich funktioniert. Wir haben einen Bürokratieaufwand, den wir alle regelmäßig hier im Hause beweinen, aber dann beschließen Sie ein Landarbeitergesetz.

Liebe Frau Bundesminister! Ich habe mir das ausgerechnet: Dieses Landarbeitergesetz in Vorarlberg betrifft nur 164 Menschen. Dafür braucht man jedoch ein eigenes Landesgesetz! Zuerst wird ein Bundesgesetz gemacht, dann neun Landesgesetze, und schließlich wird die Bürokratieflut beklagt.

Es gibt immer noch keine Gründerwelle in Österreich. Fragen Sie den Kreditschutzverband! (Abg. Haigermoser: Am Papier schon!) Am Papier findet sie statt, aber sie findet dort nicht statt, wo wir sie haben wollen. Und das unternehmerische Klima in diesem Lande ist ja alles andere als erfreulich.

Das heißt, wenn ich die meßbaren Leistungen meiner Wirtschaftskammer, deren Mitglied ich bin, die mich immerhin an die 130 000 S im Jahr kostet, betrachte, dann kann ich nur sagen: Sie ist im Drittvergleich nicht erfolgreich. Für 7 Milliarden Schilling in einem neokorporatistischen System, verbrämt durch die Pflichtmitgliedschaft, müßte schon etwas Besseres an Rahmenbedingungen herausschauen.

Ich kenne schon das Selbstlob der Verhinderer, die immer sagen: Wenn es uns nicht gäbe, wäre es noch viel schlimmer! Was wir schon alles verhindert haben! - Ich war doch 20 Jahre lang Funktionär der Bundeskammer, nur der vorzeitige Austritt aus der Funktionärstätigkeit hat mich vor dem Titel des Kommerzialrates bewahrt. (Abg. Dr. Stummvoll: Was haben Sie denn erreicht? - Abg. Dr. Trinkl: Was haben Sie erreicht? Erzählen Sie uns Ihre Leistungen!)

Wir haben uns in dieser Zeit immer wieder anhören müssen, was denn alles verhindert wurde. Herr Dr. Stummvoll, mit Ihren finanziellen Mitteln verändere ich die Welt! Das Budget des Liberalen Forums verbrauchen Sie an einem Tag, das ist das Problem. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Die kontrollierte Schizophrenie der Verhinderer findet hier im Parlament statt. Die Wirtschaftskammerfunktionäre, die auf Listen des Wirtschaftsbundes in dieses Haus gewählt wurden, sind Zerrissene. Arthur Koestler beschreibt das in seinem Buch "Sonnenfinsternis" so wunderbar: Sie schaffen sich laufend neue Realitäten. - Die Kammerposition, die Sie den Mitgliedern in der Kammerzeitung mitteilen, und Ihr Abstimmungsverhalten hier herinnen sind der Skandal. Sie müssen wirklich an kontrollierter Schizophrenie leiden. (Demonstrativer Beifall des Abg. Meisinger.)


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