Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 129. Sitzung / 67

haben, weil Sie es in Form eines Junktims über die Bühne gebracht und auch nur kurzfristig dem Ausschuß zugewiesen haben.

Eines fällt, Herr Bundesminister, bei der umfassenden Bewertung dieses Wirtschaftskammergesetzes schon auf: Die Stellungnahme, die der Rechnungshof abgegeben hat, straft alle Ankündigungen, daß es sich bei diesem Gesetz um einen Versuch handeln sollte, die Wirtschaftskammer effizienter zu machen, Lügen. Es ist der Stellungnahme des Rechnungshofes eigentlich nicht viel hinzuzufügen. Der Rechnungshof sagt folgendes: Es ist in bezug auf die Effizienz eigentlich nichts geschehen. Die Organisationsstrukturen sind nach wie vor - und werden es auch in Zukunft sein - sehr aufwendig, egal, ob es sich um ehrenamtliche oder nicht ehrenamtliche Funktionäre handelt. Eine straffere Organisation könnte einen wirtschaftlicheren Einsatz der aufgebrachten Beiträge ermöglichen und eine raschere Entscheidungsfindung gewährleisten. Die vorgesehenen Neuerungen gegenüber dem Handelskammergesetz vermögen nach Ansicht des Rechnungshofes nichts an der aufwendigen Organisationsstruktur zu ändern.

Wenn man dabei berücksichtigt, daß der Rechnungshof in seiner politischen Leitung, die auch nicht irrelevant sein dürfte, eine Grundhaltung zum Ausdruck bringt, die Ihnen sonst ja nicht fremd sein dürfte, dann ist das eigentlich ein vernichtendes Urteil über diese Wirtschaftskammerreform. - Mit dieser Bewertung der Wirtschaftskammerreform möchte ich es zunächst einmal bewenden lassen.

Ich komme nun auf das Arbeiterkammergesetz zu sprechen, aber in diesem Zusammenhang möchte ich zunächst einmal einen Ausflug in die internationale Politik machen. Ich habe in der Früh beim Herfahren die heutige Ausgabe der "Neuen Zürcher Zeitung" gelesen und dabei einen sehr interessanten Beitrag auf Seite zwei gefunden, in welchem über den Begriff der "nationalen Präferenz" in Frankreich diskutiert wird. Dabei handelt es sich um eine vom Front National, also der rechtsextremen Partei, im französischen Parlament angezettelte Diskussion über die Frage, ob die Franzosen gegenüber den Ausländern, die es auch in Frankreich gibt, Vorrechte im Arbeits- und Sozialrecht erhalten und behalten sollen oder nicht. Es herrschte allgemeines Entsetzen in der französischen Innenpolitik, weil der ehemalige Premierminister Balladur bereit war, in diese Diskussion mit dem Front National einzusteigen.

Der Tenor der Argumentation bei allen anderen Parteien war: Wir diskutieren nicht über diese Frage mit dem Front National! Es kommt nicht in Frage, daß wir die sozialen und die politischen Rechte der Ausländerinnen und Ausländer - die es eben auch in Frankreich gibt - nur deswegen, weil uns der Front National diese Debatte aufzwingen will, auf die Franzosen beschränken!

Ich könnte, Herr Abgeordneter Feurstein, einige - auch vom Premierminister Balladur nicht bestrittene - Tatsachen anführen, die Sie von den Regierungsparteien gegenüber Ausländern in unserem Land immer noch bestreiten. Zum Beispiel sagte Balladur, der im Moment mit den Rechtsextremen im selben Eck steht, es sollten jenen, die in Frankreich Sozialabgaben leisten, keineswegs die damit verknüpften Leistungen vorenthalten werden. Es geht da - laut Balladur - nur um Leistungen wie die Sozialhilfe und ähnlich gelagerte Leistungen, die nicht an Abgaben, an Versicherungsbeiträge geknüpft sind.

Sie von der ÖVP gehen da viel weiter. Auch Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, befinden sich mit dem, was Sie gegenüber Ausländern fordern, im selben Eck wie der Front National in Frankreich. Diesen Vorwurf kann man Ihnen leider nicht ersparen, wenn man diesen Artikel liest. (Der Redner hält eine Ausgabe der "Neuen Zürcher Zeitung" in die Höhe. - Zwischenruf des Abg. Koppler.) Lesen Sie diesen Beitrag in der "Neuen Zürcher Zeitung" von heute! Man kann Ihnen nicht ersparen, zu sagen, daß Sie sich im selben Eck wie der Front National befinden.

Damit bin ich beim Arbeiterkammerwahlrecht angelangt. Kollege Koppler! Schau dir einmal an, in welchen EU-Mitgliedstaaten es noch die Verweigerung des passiven Wahlrechts für Aus


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