Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 129. Sitzung / 76

gibt. Kammern ohne gesetzliche Mitgliedschaft durch ihre Mitglieder gibt es nicht, dann sind es keine Kammern. (Abg. Mag. Trattner: Das versteh' ich nicht!)

Ich bin sehr froh darüber, daß beide Mitgliederbefragungen ein überzeugendes Votum gebracht haben. Die Mitglieder haben gesagt: Ja, wir wollen neben unseren freiwilligen Interessenvertretungen die gesetzlichen Interessenvertretungen haben. Und wenn hier auch die Fragestellung kritisiert wurde, sehr geschätzte Damen und Herren: Klarer, offener und deutlicher kann eine Fragestellung nicht sein: Wollen Sie die Kammer als Ihre gesetzliche Interessenvertretung: ja oder nein? - Klarer und ehrlicher kann keine Frage sein.

Ich frage Sie, sehr geschätzte Damen und Herren von den Freiheitlichen: Wenn Sie die Frage nach der Legitimation Ihrer Partei stellen, wie würde denn da die entsprechende Fragestellung bei Ihnen aussehen? So oder anders? Und wenn Sie die Frage stellen: Wollen Sie die FPÖ?, erwarten Sie ein Ja oder ein Nein? - Ich glaube, eine offenere, eine ehrlichere Fragestellung als die, die die Kammern gewählt haben, gibt es nicht, und trotzdem war das Votum so hoch. (Beifall bei der SPÖ. - Abg. Aumayr: Da gibt es ja keine Zwangsmitgliedschaft! Der Vergleich hinkt! - Abg. Haigermoser: Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich!)

Und wenn hier vom Herrn Abgeordneten Gaugg der "Palast" der Bundesarbeitskammer angesprochen wurde: Ich fürchte, er hat sich noch nie in diesen "Palast" begeben und dort feststellen müssen, daß es erstens kein Palast und zweitens gar nicht die Bundesarbeitskammer ist, weil die Bundesarbeitskammer kein eigenes Haus hat. Sie hat auch keine eigenen Räumlichkeiten, sondern es werden in den Räumlichkeiten der Wiener Arbeiterkammer durch Personenidentität auch die Aufgaben der Bundesarbeitskammer wahrgenommen. Ich würde doch bitten, sich gerade als jemand, der in der Arbeiterkammer auch Funktionen hat, besser zu informieren und nicht solche Behauptungen aufzustellen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Es wurde auch der Vorwurf erhoben, die Arbeiterkammer wisse ja nicht einmal, wer ihre Mitglieder sind. Zu Recht sagen die Funktionärinnen und Funktionäre, die Verantwortlichen in der Arbeiterkammer: Wir möchten wissen, wer unsere Mitglieder sind, und sie nicht nur anonym als Gesamtgruppe sehen. Und daher bitte ich Sie, gerade diesem Gesetz die Zustimmung zu geben, weil mit der Mitgliederevidenz erstmals die Chance gegeben ist, daß die Kammer genau weiß, wer ihre Mitglieder sind (Abg. Gaugg: Frau Minister! Was sagen Sie zur Stellungnahme der Stadt Wien?), und sie daher zielgruppenorientierter agieren kann und so gemeinsam mit den Gewerkschaften eine noch bessere Arbeitnehmerpolitik machen kann. (Beifall bei der SPÖ. - Abg. Gaugg: Was sagen Sie zur Stadt Wien?)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Herr Abgeordneter Gaugg, Sie sprechen da ein spezifisches Wiener Detailproblem an, und dieses Problem werden wir auch mit der Stadt Wien lösen, werden die Verantwortlichen in der Wiener Kammer lösen. Es ist aufgrund einer bestimmten Arbeitnehmersituation in Wien eine klassische Wiener Frage.

Erlauben Sie mir, sehr geschätzte Damen und Herren, auch noch eine Bemerkung zur Frage des passiven Wahlrechtes. Ich mußte in der Begutachtung feststellen, daß die Verankerung des passiven Wahlrechtes im Arbeiterkammergesetz derzeit noch keine politische Mehrheit findet. Ich möchte mich nicht hinter juristischen Interpretationen, nicht hinter Interpretationen von Richtlinien, Assoziationsabkommen oder anderem hier verstecken, sondern festhalten: Es ist in dieser Frage der politische Konsens noch nicht zu finden. Trotzdem glaube ich, daß es wichtig ist, daß wir uns gemeinsam bemühen, doch eine Lösung zu finden, daß auch alle nichtösterreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, wenn sie sich in unserem Land aufhalten, wenn sie längere Zeit hier beschäftigt sind, wenn sie dazu beitragen, daß sich dieses Land weiterentwickelt, wenn sie Arbeitsprodukte liefern, auch die Möglichkeit haben, aktiv und auch passiv für ihre Interessenvertretung einzustehen und dieser auch zur Verfügung zu stehen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Stummvoll.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Mit dem neuen Arbeiterkammergesetz schaffen wir eine sehr wichtige, gute Grundlage für eine moderne Interessenvertretung, die sich auf Basis eines


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