Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 129. Sitzung / 77

neuen Gesetzes noch optimaler für die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einsetzen kann. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.08

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Frau Bundesministerin.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Heindl. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. - Bitte, Herr Abgeordneter.

13.08

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Herr Präsident! Verehrte Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich in aller Kürze mit dem Wirtschaftskammergesetz auseinandersetzen, welches ohne Zweifel ein Teil des Fundaments der Wirtschafts- und Sozialpartnerschaft ist.

Das neue Wirtschaftskammergesetz hat die Neufassung und Entrümpelung des durch zahlreiche Novellierungen unübersichtlich gewordenen Handelskammergesetzes zum Ziel. Ich möchte nicht auf Details eingehen, möchte aber doch anmerken, daß ich nicht leugne, daß ich mir einige Teile dieser Novelle anders vorgestellt hätte. Das ist nun einmal so bei einem Kompromiß: Da ist der Zufriedenheitspegel relativ niedrig - und das ist er bei mir, das möchte ich deutlich sagen.

Trotz zahlreicher Neuregelungen bleibt aber die Grundintention erhalten, eine alle Unternehmer umfassende Organisation zur Stärkung der Wirtschaft im Sinne des Interessenausgleiches zu sein. In den Erläuterungen steht neben vielen anderen Grundzügen das, was mir am wichtigsten zu sein scheint: der Interessenausgleich als zentrale, vom Staat den Wirtschaftskammern überantwortete Aufgabe. - Jawohl! Die Wirtschaftskammer spielt im Rahmen der Wirtschafts- und Sozialpartnerschaft eine wichtige Rolle; es wurde schon mehrfach darauf hingewiesen.

Der Gesichtspunkt eines grundsätzlich gemeinsamen Ziels ist die Basis bei der Austragung unterschiedlicher Interessenpositionen. Innere Stabilität und eine niedrige Streikstatistik sind maßgebliche Standortfaktoren Österreichs. Beide Umstände haben den Aufstieg Österreichs zu jener Position bewerkstelligt, die wir heute international einnehmen. Wirtschaftlicher Wohlstand ist nicht nur die beste Basis für sozialen Frieden, sie ist auf jeden Fall die Grundlage für die Finanzierung eines großzügigen Sozialsystems.

Die gesamtwirtschaftliche Orientierung der sozialpartnerschaftlichen Politik hat wesentlich dazu beigetragen, daß Österreich in den vergangenen Jahrzehnten in bezug auf Wachstum, Preisstabilität, Arbeitslosenrate besser abgeschnitten hat als die meisten anderen Industrieländer. Konjunktureinbrüche und rezessive Tendenzen wurden in unserem Land durch diese Sozial- und Wirtschaftspartnerschaft immer besser bewältigt.

Meine Damen und Herren! Die Sozialpartnerschaft war von Anfang an ein stabilitätsbewahrendes Instrument, das der Lösung der Verteilungskonflikte auf dem Verhandlungsweg diente. Der Klassenkampf wurde, wie es Bruno Kreisky einmal auf seine Art formulierte, "sublimiert”. Es ist kein Zufall, daß - auch wenn er in Österreich immer wieder zu Recht kritisch hinterfragt wird - einer der bedeutendsten noch lebenden Ökonomen, Kenneth Galbraith, in einem Interview vor einiger Zeit gerade zu dieser österreichischen Wirtschaftspolitik - und ich glaube, bei aller parteipolitischen Interessenunterschiedlichkeit sollte man sich die Worte dieses großen Ökonomen überlegen - sagte: Ich glaube, das österreichische Wirtschaftsmodell ist das beste der Welt. Es gibt zum Beispiel kein Land, in dem seit 1945 der Interessenausgleich zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern so rational und zivilisiert erfolgt ist wie in Österreich.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, ein schöneres Kompliment als von einem so renommierten Mann kann man sich nicht wünschen. Gerade in der heutigen Zeit rasanter wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Veränderungen, wie der Weiterentwicklung der EU, wie des Binnenmarktes, wie der Globalisierung, wie der Entwicklung der einzelnen Handelsblöcke, wird der Sozialpartnerschaft auch in Zukunft eine wesentliche Rolle zukommen. Von ihr können und sollen Rahmenbedingungen ausgearbeitet werden, die den Wohlstand auch in Zukunft erhalten.


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