Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 129. Sitzung / 82

nach, ob nicht doch etwas dran ist. Denn irgendwann einmal könnte Ihnen die Verdrossenheit Ihrer Mitglieder im Gewerkschaftsbund auf den Kopf fallen. Dort kann man nämlich austreten. Die Statistiken der Mitgliederzahlen sind nicht beruhigend; mir selbst ist das allerdings gleichgültig. (Zwischenruf des Abg. Edler.) Meine Hauptsorge ist das nicht, aber Sie sollten sich darüber den Kopf zerbrechen.

Daher sage ich Ihnen: Diese Seite hat im Kammerbereich einen Vorsprung, aber im Bereich der freiwilligen Organisation hat sie hochgradigen Reformbedarf. Es war mir aus ganzheitlichen Gründen wichtig, das hier erwähnt zu haben. - Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

13.29Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Puttinger. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. - Bitte, Herr Abgeordneter.

13.29Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau und Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Normalerweise braucht man auf die Ausführungen der Vorredner nicht so sehr einzugehen. Aber was heute von den Liberalen - besonders vom Abgeordneten Peter - vorgebracht worden ist, erfordert sicherlich, sich ganz kurz den Liberalen zuzuwenden. (Abg. Dr. Trinkl: Dem "Schwarzen Peter"!)

Es ist schon klar, daß Sie sich aus einem falsch verstandenen Liberalismus gegen die Kammer aussprechen. Sie hängen auch in der Wirtschaft jenen eigentlich schon überholt geglaubten Grundsätzen der zügellosen Freiheit an. Nicht umsonst war ein Wirtschaftssystem, das auf der sozialen Marktwirtschaft basiert, bisher immerhin das weltweit erfolgreichste System. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Nürnberger.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Liberalen! Manchester-Liberalismus oder ein veralteter Paläoliberalismus löst nur die Probleme von wenigen. Daß wir von der Kammer als Interessenvertreter insbesondere der Klein- und Mittelbetriebe Ihnen dabei im Wege stehen, ist mir klar. Darüber brauche ich gar nicht mehr zu diskutieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! 1849 wurde in Wien als Resultat der März-Revolution von 1848 - also vor 150 Jahren - die erste Handelskammer auf österreichischem Boden nach Vorbildern aus dem französischen Raum gegründet. Schon diese Kammer war von zwei wesentlichen Elementen geprägt: der obligatorischen Mitgliedschaft und dem Interessenausgleich. 1868, also vor genau 130 Jahren, wurde erstmals ein definitives Kammergesetz beschlossen, das ebenfalls von der Interessenvertretung aller Branchen ausging.

Jetzt, im Jahr 1998, liegt - dafür möchte ich dem Bundesminister besonders danken - ein überarbeitetes Wirtschaftskammergesetz zur Abstimmung vor, das den Gedanken der Selbstverwaltung als Organisationsform der Arbeit von Unternehmern für Unternehmer stärkt. Herr Kollege Kier! Das dürften Sie bis jetzt noch nicht verstanden haben, sonst könnten Ihre Ausführungen nie in diese Richtung gehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Maderthaner hat darauf hingewiesen, daß es sich um eine moderne, flexible, anpassungsfähige, aber auch schlanke Organisation handelt. Ich darf Ihnen dazu einige Schlagworte sagen. Wenn Sie das Gesetz gelesen haben, dann müßten Sie wissen, daß eine Übertragung von Kompetenzen des Wirtschaftsministeriums an die Kammerorganisation stattfindet, daß eine Überarbeitung des Fachgruppenkataloges vorgenommen wird, daß eine Verankerung von Arbeitsgemeinschaften enthalten ist, sodaß Querschnittsmaterien bearbeitet werden können, und daß mehr Delegierungen erfolgen. Sie müßten also wissen, daß die Erlassung von Rahmengeschäftsordnungen möglich ist und daß es zu einer Verringerung der Zahl der Organe sowie zu deren Verkleinerung kommt. (Abg. Dr. Stummvoll: Das hat er alles ignoriert!) Das alles ignorieren Sie, das wissen Sie nicht! Sie dürften also das Kammergesetz tatsächlich nicht gelesen haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Hohes Haus! Im Vorfeld dieser Parlamentsdebatte im Ausschuß, aber auch heute wurde mehrmals versucht, die Kammern in ein schiefes Licht zu rücken. (Abg. Dr. Kier: Nicht alle!) Zu


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