Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 129. Sitzung / 86

Gericht oder bei Behörden vertreten und die für diese Arbeitnehmer tatsächlich wieder Milliardenbeträge zurückgewinnen, die sie ohne Arbeiterkammern und ohne Gewerkschaft nicht bekommen hätten. - Das ist der große Wert der Arbeiterkammer. Diese Akzeptanz ist auch in der Mitgliederbefragung, die immerhin eine 70prozentige Beteiligung und eine 90prozentige Zustimmung ergeben hat, eindeutig nachgewiesen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir arbeiten in den Arbeiterkammern ununterbrochen daran, diese Akzeptanz auch tatsächlich zu erhalten und in den Köpfen der Mitglieder als notwendige Institutionen akzeptiert zu bleiben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Novelle, die heute zur Diskussion steht, betrifft im wesentlichen das Wahlrecht zur Arbeiterkammer, und ich will nur drei Anmerkungen dazu machen.

Erstens einmal: Es geht prinzipiell darum, daß die Ausübung des Wahlrechts für den einzelnen leichter wird. Es geht also darum, daß insbesondere im Betrieb, in einem Betriebssprengel gewählt werden kann. Jener, der nicht in einem Betriebssprengel wählt, hat die Möglichkeit der Briefwahl.

Zweiter Punkt betreffend die drei Wochen. Es ist die gesamte Wahldauer natürlich auf drei Wochen ausgedehnt, aber dies bedeutet ja nicht, daß in einem Betrieb drei Wochen lang gewählt wird! (Abg. Dolinschek: Die Möglichkeit besteht!)

Liebe Kolleginnen von der FPÖ, insbesondere liebe Arbeiterkammerfunktionäre! Wenn wir diese Frist von drei Wochen verkürzen würden, würden wir pro Tag so viele Wahlsprengel haben, daß insbesondere ihr die einzelnen Sprengelwahlkommissionen überhaupt nicht beschicken könnt. Das heißt, in je weniger Sprengeln pro Tag gewählt wird - das bedeutet eben die Ausdehnung auf drei Wochen -, umso leichter fällt es insbesondere den kleinen wahlwerbenden Gruppen, tatsächlich in den Kommissionen mit vertreten zu sein.

Dritte Anmerkung zum passiven Wahlrecht: Bezüglich passives Wahlrecht vertrete ich rechtlich die gleiche Auffassung, die Kollege Feurstein hier vertreten hat, inhaltlich muß ich aber dazusagen, daß sowohl die sozialdemokratische Fraktion als auch die Frau Ministerin und auch die meisten Arbeiterkammern tatsächlich für das passive Wahlrecht der Ausländer eingetreten sind. Nur werden sich die Arbeiterkammern - wohl oder übel - auch nach dem richten, was hier im Hohen Haus beschlossen wird.

Nächster Punkt, zum System schlechthin: Ich glaube, daß die Zeit einer totalen neoliberalen Wirtschaftsgesinnung vorbei ist, daß die Zeit einer Ellbogengesellschaft langsam vorbeigeht und daß es wieder modern wird, ein kooperatives Wirtschaftssystem zu leben. Wir haben hier in Österreich dadurch die beste Form solcher kooperativer Wirtschaftssysteme, daß gesetzliche Einrichtungen, nämlich die Kammern, mit freiwilligen Einrichtungen - auf unserer Seite die Gewerkschaft, auf der Handelskammerseite die Industriellenvereinigung und, und, und - zusammenarbeiten. Das System lebt daher aufgrund der Dualität von gesetzlichen Einrichtungen und freiwilligen Einrichtungen, und das soll auch in Zukunft so bleiben. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube, daß ansonsten tatsächlich die Gefahr bestünde - Kollege Nußbaumer hat das im Wirtschaftsausschuß relativ genau analysiert -, daß sich in den großen Bürokratien der EU gegenüber et cetera nur mehr die Industrien, die Banken, die großen Versicherungen darstellen können (Abg. Haigermoser: Das ist richtig!) und daß die Kleinen, die Gewerbetreibenden, die Arbeitnehmer, die Bauern, auf der Strecke bleiben. (Abg. Haigermoser: Aber das ist jetzt der Fall! Das ist aber der Fall mit dem derzeitigen System, Herr Kollege Kaufmann!)

Damit das nicht der Fall ist, brauchen wir die Kammern, denn nur durch die gesetzliche Verankerung der Interessen der Kleinen in den Kammern ist deren Mitsprache auch besser gewährleistet, als wenn das nicht der Fall wäre. (Beifall bei der SPÖ. - Zwischenruf des Abg. Haigermoser.) - Ja eben, weil die Wirtschaftskammer eben auch andere Interessen als die der IV vertritt! Gott sei Dank, so soll es sein! Das kann sie nur, weil sie eben eine gesetzliche Mitgliedschaft hat!


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