Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 129. Sitzung / 110

Das Erstaunlichste haben Sie ja heute selbst geliefert: Sie haben einen Antrag eingebracht, bezüglich dessen Sie einer Fristsetzung aber nicht zustimmen. - Da frage ich mich: Wozu haben Sie den Antrag am 12. Mai eingebracht, wenn Sie ein Monat später im Parlament sagen: Na ja, die Hochleistungsstrecken AG bringt jetzt ohnehin eine Beschwerde ein, da brauchen wir ja eigentlich gar nicht mehr über den Antrag abzustimmen. Wir sind davon überzeugt, daß das europaweit gelöst wird. Damit braucht sich das Parlament in Österreich gar nicht mehr zu befassen, weil das sowieso europaweit gelöst wird. - Wozu haben Sie dann einen Antrag eingebracht? - Wahrscheinlich nur um zu Hause zu dokumentieren, daß Sie etwas gemacht haben!

Aber das gilt genauso für Sie von der SPÖ. Sie bringen auch einen Antrag ein und stimmen der Fristsetzung für die Behandlung Ihres eigenen Antrages nicht zu. Es ist dasselbe in Rot, was da in Schwarz passiert! (Zwischenruf des Abg. Seidinger.) Und wozu? - Damit Sie in der Steiermark verkaufen können, was Sie alles für den Semmering-Basistunnel machen. Sie haben sogar angekündigt, eine Volksbefragung durchzuführen. Wo ist die Volksbefragung, Herr Kollege Seidinger, wo ist die Volksbefragung, die Sie angekündigt haben? - Keine Rede mehr davon! Sie sagen kein Wort mehr von einer Volksbefragung, weil in der Bundesregierung Ihr eigener Bundeskanzler offensichtlich aufgrund der Stimmungen oder der Mehrheitsverhältnisse oder der nicht vorhandenen Einhelligkeit, die notwendig ist, umgefallen ist.

Dann haben Sie doch wenigstens den Mumm, der Fristsetzung Ihres eigenen Antrages zuzustimmen! Was soll denn anderes passieren, als daß Sie eben darüber diskutieren und sich mit Ihrem Antrag auseinandersetzen? - Das, meine ich, wäre das einzige, womit Sie Legitimität beweisen und womit Sie zeigen könnten, ob es Ihnen ernst ist oder nicht. Aber Anträge einzubringen und dann zu argumentieren, es entscheiden eh die anderen, die bringen sowieso Beschwerden ein, daher brauchen wir hier heute nicht abzustimmen, das finde ich ziemlich fadenscheinig, um es einmal so zu beschreiben. (Beifall bei den Grünen.)

Die Freiheitliche Partei hat in letzter Zeit mit den Begriffen "Loch" und "Löcher" Schwierigkeiten, weil sie damit möglicherweise ihre Löcher im Finanzsäckel assoziiert - das mag ja richtig und rechtens sein -, aber daß das nichts mit Verkehrspolitik zu tun hat, das weiß Kollege Schweitzer, denke ich, auch. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Schweitzer! Wenn Sie all die Energie, die Sie aufgewendet haben - dasselbe gilt aber auch für ÖVP und SPÖ -, auch für Straßenprojekte einsetzen würden, dann wären Sie allesamt ein Stück glaubwürdiger. Denn ich sage Ihnen: Während vor allem Sie von ÖVP und SPÖ hier Fristsetzungen nicht zustimmen und darüber philosophieren, wo die Fernverkehrsdrehscheibe sein wird - ob am Semmering oder im Wiener Raum oder ob es die Südostspange sein wird -, werden Straßen geplant und gebaut, über Berge drüber, durch Berge durch, ohne irgendwelche Bedenken, ohne irgendwelche Einschränkungen irgendwelcher Naturschutzgesetze - und das ist es, was mir vor allem zu denken gibt.

An die großen Parteien sei folgendes gesagt: Während Sie eine Verzögerungspolitik betreiben und dieser Fristsetzung nicht zustimmen, gehen kostbare Wochen verloren, in denen man sich Gedanken machen sollte, ob der Nord-Süd-Verkehr nicht bald an Österreich vorbeigehen wird. Während Sie hier kleinkrämerisch diskutieren, ob die Südostspange oder der Semmering-Basistunnel oder sonst eine Variante die richtige ist, werden die Planungen außerhalb Österreichs, vorbei an Österreich fortgesetzt, und Sie können sich nicht einmal dazu aufraffen, einer solchen Kleinigkeit wie einer Fristsetzung zuzustimmen.

Sie von ÖVP und SPÖ haben diesbezüglich ein Problem innerhalb Ihrer Parteien. Lösen Sie das Problem, bevor Sie in der Steiermark Versprechungen machen und bevor (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) - das ist mein letzter Satz - eine Landeshauptfrau nach Hause zurückkehrt und ein jämmerliches Ergebnis präsentiert: Statt im August wird im Mai entschieden, und wie man sieht, nicht einmal im Mai! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

15.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Debatte ist daher geschlossen.


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