Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 129. Sitzung / 149

aufzunehmen, das ist nicht nur zynisch, das ist fast schon pervers. (Beifall beim Liberalen Forum, bei der SPÖ und bei den Grünen.)

Das gebe ich schon zu: Es mag einen Unterschied ausmachen, ob es sich bei Flüchtlingen um sogenannte Neusprech-, um sogenannte Altösterreicher deutscher Zunge handelt, oder schlicht und einfach nur um Menschen, die Hilfe brauchen, aber nicht von vornherein der deutschen Sprache mächtig sind, weil sie zu dem Zeitpunkt, als sie die Flucht angetreten haben, nicht gewußt haben, daß es wichtig ist für einen Flüchtling, der sich vor Krieg, Verfolgung und Terror auf die Flucht begibt, vorher noch rasch einen Deutschkurs zu machen, damit er in Österreich als Flüchtling anerkannt wird. So kommt mir das vor. Das kann aber doch bitte nicht die Frage sein! (Abg. Dr. Maitz: Ist es auch nicht!)

Nein, meine Kritik ist gar nicht an die Regierungsparteien gerichtet. Ich meine nur, das Gesetz, das wir hier beschließen, sollte noch verbessert werden. Die Intention - das sage ich noch einmal - ist absolut richtig. Nur: Bei Kopfzahlen, die nicht nennenswert sind im Verhältnis zu anderen Problemen, die wir haben und die sich als leistbar herausgestellt haben, so zu argumentieren, geht einem wirklich sehr ans Gemüt, und ich wollte das von dieser Stelle aus ganz unmißverständlich sagen.

Ich bitte daher noch einmal, unseren Abänderungsantrag genau zu lesen.

Ein zweiter Aspekt, der geradezu in unmittelbarem Zusammenhang damit steht, sind die beiden Anträge, die die Kollegin Partik-Pablé eingebracht hat und die auch mit in Verhandlung stehen in dieser Debatte, und zwar der eine zur Schubhaft und der andere zum Verfassungsgerichtshof.

Schubhaft im Sinne dieses Antrages ist eine im Verwaltungsverfahren ablaufende Schubhaft. Der Herr Bundesminister hat dankenswerterweise im Innenausschuß in der Debatte dazu ausgeführt, daß er der Auffassung ist, daß in diesem Verwaltungsverfahren Zwangsernährung ein unverhältnismäßiges Mittel wäre. Das ist zum Teil bitter, weil einem manchmal vielleicht wirklich die Nerven durchgehen können, wenn getrickst wird - das gibt es alles, ich will nicht naiv wirken -, aber es ist eben dem Rechtsstaat angemessen, zu sagen: Wir haben das Verhältnismäßigkeitsgebot, und das ist nicht zu übersteigen, das ist eine Hürde, die wir ernst nehmen müssen, sonst reißt uns das ein.

Daher können wir den Antrag der Kollegin Partik-Pablé bezüglich Zwangsernährung von Schubhäftlingen nicht annehmen - aus diesem Grund, aus diesem schlichten, einfachen Grund der Verhältnismäßigkeit der Mittel in einem Rechtsstaat, der sich selbst ernst nimmt.

Und wenn von diesem Rednerpult aus der Eindruck zu erwecken versucht wird, es handle sich dabei um irgendwelche Schwerkriminelle, die abzuschieben sind: Die finden sich nicht in den Schubhaften des Herrn Innenministers. Die sind im Zweifelsfall in den Strafvollzugsanstalten vor ihrer Abschiebung, und die werden selbstverständlich so behandelt wie Strafhäftlinge, bei denen die Zwangsernährung als letztes Mittel möglich ist, wo es auch Inquisitenabteilungen für diesen Zweck gibt. Aber die sind ja nicht der Verhandlungsgegenstand dieses Antrages, sondern es sind die in administrativer Schubhaft Befindlichen.

Ich bin dem Herrn Bundesminister wirklich sehr dankbar dafür, daß er klar zum Ausdruck gebracht hat, daß Zwangsernährung ein unverhältnismäßiges Mittel wäre. Daher ist der Antrag der Kollegin Partik-Pablé, der freiheitlichen Fraktion in diesem Punkt aus liberaler Sicht völlig unakzeptabel.

Den Gipfelpunkt allerdings stellt der Antrag dar, den die Kollegin Partik-Pablé im Zusammenhang mit dem Verfassungsgerichtshof und der aufschiebenden Wirkung eingebracht hat. Die aufschiebende Wirkung, die der Verfassungsgerichtshof zuerkennen kann oder auch nicht, dieses Institut ist ein originäres Recht des Verfassungsgerichtshofes. Er muß die Möglichkeit haben, zu sagen: aufschiebende Wirkung - ja oder nein. Einen verfassungsändernden Antrag zu stellen, in welchem dem Verfassungsgerichtshof das Recht abgesprochen werden soll, im Verfassungsrang darüber zu entscheiden, ob der Verfassungsgerichtshof der Meinung ist, aufschiebende Wirkung soll gegeben werden oder nicht, das hat in meinen Augen schon an


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