Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 130. Sitzung / Seite 20

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über Verletzungen von Menschenrechten heißt. Auch ein Bruno Kreisky war nicht neutral, wenn es um die Rechte der Palästinenser gegangen ist, und das war vereinbar mit einer aktiven Neutralitätspolitik! Nur: Österreich hat diese aktive Neutralitätspolitik fallenlassen!

(Abg. Wabl bringt im Sitzungssaal an der Wand, und zwar hinter dem Präsidium, ein Plakat an, auf dem das Bundes-Verfassungsgesetz vom 26. Oktober 1955, BGBl. Nr. 211, über die Neutralität Österreichs abgedruckt ist. – Zwischenrufe.)

Ich verlange eine aktive Neutralitätspolitik im Sinne ... (Abg. Mag. Steindl: Was soll das?)  – Was das soll, ist leicht erklärt. Das ist der Text des Bundes-Verfassungsgesetzes vom 26. Oktober 1955 – immerwährend neutral. Ich glaube, daß eine Wiener Stadtzeitung, der "Falter", nicht zu Unrecht schreibt, daß Sie es heimlich, still und leise in "nimmerwährend neutral" verkehrt haben. Und Sie haben nicht einmal den Mut gehabt, dies offen anzusprechen und darüber eine Diskussion abzuführen. (Beifall bei den Grünen.)

Neutralität, gerade in bezug auf Kosovo, hätte vieles heißen können, nämlich: kein Pardon mit Menschenrechtsverletzungen, sehr wohl eine Verantwortlichmachung von Belgrad für diese Verletzungen. Neutralität im Zusammenhang mit Kosova hätte heißen können, eine mögliche Beteiligung bei der OSZE für Restjugoslawien in Diskussion zu stellen. (Unruhe im Saal.)  – Ich weiß nicht, warum Sie der Text eines Verfassungsgesetzes, das Sie formal nicht aufgehoben haben, in solche Unruhe versetzt. (Beifall bei den Grünen.)

Neutralität im Zusammenhang mit Kosova hätte heißen können: besondere Rechte für die Verfolgten. Neutralität im Zusammenhang mit Kosova hieße etwa, hier Studierende aus dem Kosovo, weil sie diskriminiert sind, automatisch, begünstigt an den österreichischen Hochschulen und Universitäten willkommen zu heißen. Es hätte auch heißen können: ein ziviles Embargo in vielen Bereichen und internationale Gerichtsbarkeit auch für diejenigen, die Kriegsverbrechen gesetzt haben. Das verlangt etwa auch die Katholische Jugend. Sie verlangt eine friedliche Konfliktaustragung und fordert Österreich auch dazu auf.

Ich bitte Sie einmal mehr, sich zu erinnern: Im Jahre 1989 wurde dem Kosovo die Autonomie genommen. Was waren die Reaktionen der österreichischen Außenpolitik? Was ist geschehen? Wie viele Menschenrechtsverletzungen sind seither passiert? Die Bevölkerung in Kosova blieb lange Zeit friedlich. Präsident Rugova hat für den Frieden plädiert. Was ist seither geschehen? – Kosovo-Albaner waren in Schubhaft. Sie haben nichts dagegen getan. Es war meine Kollegin Terezija Stoisits, die schon im Jahre 1994 dagegen protestiert hat.

Ich frage auch Sie, Herr Staatssekretär: 23 Kosovo-Albaner sitzen in Österreich in Schubhaft. Halten Sie das für gerecht? Halten Sie das für neutral? Halten Sie es für einen Beitrag zur Friedenssicherung, wenn man Familien trennt, Menschen abschiebt? – Ich glaube, damit verletzt Österreich seine Neutralität auch auf der Ebene der Menschenrechte. (Beifall bei den Grünen.)

Ich frage Sie noch etwas. Thema: Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Glauben Sie wirklich, daß Sie in einem Europa, in dem die Umwelt- und die Sozialpolitik noch lange nicht den gebührenden Stellenwert haben, auf Dauer mit Europol, NATO und WEU "Sicherheit" – unter Anführungszeichen – bieten können? Glauben Sie wirklich, daß sich jene Menschen – und ihre Zahl wird immer größer –, die in Armut fallen, keine Arbeit haben, keine Zukunft haben, auf Dauer werden ruhigstellen lassen? Glauben Sie wirklich, daß das das Europa ist, das sich die Jugend wünscht?: Hochgerüstet bis an die Zähne, an der Grenze eine Art neuer Eiserner Vorhang, Datensysteme, in denen alle Bürgerinnen und Bürger ohne Rechtsschutzmechanismen erfaßt werden. Ist das jenes freie, ökologische und soziale Europa, für das Sie 1994 eintreten wollten? Ist das unser Wunschtraum, die Zukunftsutopie? (Zwischenruf des Abg. Dkfm. Holger Bauer. )

Ich sage Ihnen folgendes: Diese Konzepte sind absolut ungeeignet, auf Dauer Sicherheit zu gewährleisten. Und ich frage Sie: Warum sollte es nicht so sein, daß es Staaten gibt wie Österreich, die aufgrund ihrer historischen, aufgrund ihrer geographischen Position besondere Vermittlungsaufgaben übernehmen? (Zwischenruf des Abg. Wurmitzer. ) – Ja, Herr Abgeordneter Wurmitzer, ich glaube, daß mit diesem Konzept, mit diesem Konzept der Grünen mehr an Si


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