Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 133. Sitzung / Seite 44

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EU-Außenminister in Belgrad und in Pristina. Es hat mit der Einschaltung Rußlands begonnen, das in der Kontaktgruppe sehr darauf gedrängt hat, vor einer militärischen Aktion noch einmal alle Möglichkeiten des diplomatischen, des politischen Handelns auszuloten. Ich werte dieses Treffen von Jelzin und Miloševic am 16. Juni durchaus kritisch, weil es nicht zu 100 Prozent dem entspricht, was wir von der internationalen Staatengemeinschaft gewollt haben: voller Rückzug der Spezialpolizei, die ja dort das Schlimmste überhaupt ist, Rückzug der Armee an die normalen, vorgesehenen Standorte, um ein Klima, eine Atmosphäre zu schaffen, in dem überhaupt ein friedliches Gespräch möglich ist. – Das ist nicht erfüllt worden.

Dinge, die ich ebenso wie Holbrooke, Afanasjewski und andere verlangt habe, sind jetzt langsam im Werden. Nach Auskunft des Internationalen Roten Kreuzes haben das IKRK sowie der Hohe Vertreter des UNHCR, also des Flüchtlingshilfswerks, jetzt Zugang zur Region. Es gibt Zugang für die Diplomaten. Sie wissen, daß wir eine eigene Beobachtermission, eine Kosovo-Observer-Mission, in Gang gesetzt haben, die nicht unter einem eigenen Spezialbegriff läuft, sondern über die Aufstockung unserer Botschaftsangehörigen funktioniert. Gestern hat der erste Besuch – ein dreistündiger Besuch – in einer ganz bestimmten Region stattgefunden. Es ist dies der erste sichtbare Beginn einer ständigen internationalen Präsenz im Kosovo.

Es ist gelungen, alle drei wichtigen Partner, die Europäische Union, die Amerikaner und die Russen, in die gemeinsamen Friedensbemühungen zu integrieren. Wir unterstützen daher natürlich das Engagement der Russen und selbstverständlich – im vollen Wissen, was die Amerikaner machen, Sonderbotschafter Holbrooke – das Vorgehen. Wir sind als EU-Ratsvorsitzende voll in die Kontaktgruppe integriert, die ja die Gesamtsteuerung für alle Dinge über hat. Sie ist de facto das zentrale euroatlantische Koordinationsforum geworden.

Wichtig erscheint mir – das ist gestern über die Bühne gegangen –, daß Jugoslawien eine eigene Delegation zur OSZE nach Wien geschickt hat. Ich habe das vorige Woche auch mit Außenminister Geremek, dem amtierenden Vorsitzenden der OSZE, besprechen können. Die OSZE könnte tatsächlich eine Schlüsselrolle in der Konfliktbefriedung spielen. Die Jugoslawen haben gestern ohne Vorbedingung – ich habe den Bericht hier – eine Beobachtermission für die OSZE auch schon vor der offiziellen Aufnahme Jugoslawiens als Mitglied in die OSZE angeboten. Ich würde darauf vorsichtig positiv reagieren, weil ich meine, daß gerade die Einbindung Jugoslawiens in den OSZE-Kontext die Chance gibt, eine länger dauernde Mission in der Region tatsächlich zu ermöglichen.

Der Druck auf Belgrad muß, dies ist eindeutig, aufrechterhalten bleiben. Daher absolut ein Ja zu den Sanktionen, die gerade im Zusammenspiel USA und Europäische Union möglich waren. Vergessen Sie nicht, daß diese Sanktionen natürlich Wirkung erzielt haben. Es fließt aufgrund des Investitionsstops derzeit kein internationales Geld nach Serbien oder nach Jugoslawien, was den ökonomischen Spielraum natürlich einengt und mittelfristig auch Druckmöglichkeiten in Richtung einer friedlichen Lösung ergeben könnte.

Weiters meine ich, daß wir außerhalb des Kosovos eine internationale Präsenz in Mazedonien – UNPREDEP – und eine neue Mission in Albanien brauchen. Ich glaube, daß wir in der Region unmittelbar präsent sein müssen. Die OSZE-Idee könnte da eine tragfähige Balance zustande bringen.

Nach meiner Überzeugung zeigt gerade dieses Beispiel des Konflikts im Kosovo, daß von allen Europäern plus Amerikanern und Russen eine ganz neue Qualität an Solidarität gefordert wird. Die Sicherheit Europas und aller Europäer kann heute eben nicht mehr im Alleingang, sondern nur im europäischen Verbund, im Zusammenspiel UNO, Europäische Union, OSZE und natürlich – nicht zu vergessen – NATO wirksam gewährleistet werden. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Man sieht gerade an diesem Beispiel, daß natürlich auch die transatlantischen Strukturen besondere Bedeutung haben. Sie werden meiner Ansicht nach noch sehr lange Zeit unverzichtbar sein.


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