Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 133. Sitzung / Seite 43

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Molterer –, weil wir da gemeinsam vorgehen wollen und weil wir Österreicher auch vorexerzieren müssen, daß es möglich ist, so unterschiedliche Positionen, wie sie eben manchmal von den Finanz-, Agrar- oder Außenministern eingenommen werden, zu vereinen, zu harmonisieren, um so weit wie möglich zu kommen.

Ich bin außerdem davon überzeugt, daß wir gerade in der neuen Union nicht auf Koordination verzichten können. Das ist auch der Grund, warum der Allgemeine Rat in seiner Koordinationsfunktion so bedeutend ist. Sie können sicher sein, daß ich auch meine Kollegen drängen werde, sich bei jeder einzelnen Sitzung des Allgemeinen Rats bis zum Frühjahr des kommenden Jahres der "Agenda 2000" anzunehmen, damit das notwendige Gesamtpaket noch während der laufenden Funktionsperiode des Europäischen Parlaments, also im Frühjahr des kommenden Jahres, unter deutschem Vorsitz fertiggestellt werden kann.

Einen hohen Stellenwert werden darüber hinaus folgende themenübergreifende Fragen haben: zunächst einmal die vorzeitige Umsetzung des Vertrags von Amsterdam. Wir werden den europäischen Vertreter für die Gemeinsame Außenpolitik in Wien beschließen, das wird ein ganz wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik sein.

Wir wollen die Menschenrechte und vor allem den Kampf um Kinderrechte zu einem zentralen Schwerpunkt der österreichischen Präsidentschaft machen. Ich weiß schon, daß nicht alles davon EU-Recht betrifft, sondern daß wir uns gemeinsam mit den 15 Mitgliedsländern der Union – ich spreche es auch bei den Erweiterungskandidaten immer an – auf allen Ebenen, ob im Rahmen der Vereinten Nationen, der Internationalen Arbeitsorganisation oder in sonstigen Bereichen, dafür einsetzen müssen, damit wir den Kampf gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern, den Kampf gegen die Kinderpornographie etwa im Internet, den Kampf gegen das Kindersoldatentum – ein besonders unappetitliches Kapitel, verbunden mit schwersten seelischen Schädigungen für die heranwachsenden Jugendlichen –, den Kampf gegen den Drogenhandel, den Kampf gegen die Ausbeutung der Kinder gewinnen können.

Immerhin werden pro Jahr etwa 250 Millionen Kinder in entwürdigender Art und Weise im Rahmen von Kinderarbeit eingesetzt. Wahrscheinlich werden 80 Prozent der WM-Fußbälle, die weltweit verkauft werden, in Kinderarbeit hergestellt. Wenn Sie darauf wetten, dann werden Sie, so bitter das auch ist, diese Wette wahrscheinlich gewinnen.

Diese Themen gehören angesprochen, und sie werden mir gerade auch in der Rede in der UN-Generalversammlung ein ganz besonderes Anliegen sein. Es freut mich, daß das Europäische Parlament vor wenigen Tagen, am 2. Juli, ein Aktionsprogramm, das mit immerhin 400 Millionen Schilling für die nächsten vier Jahre dotiert ist und genau diesen Themen gewidmet ist, angenommen hat. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Die Briten haben in der Zeit ihres EU-Vorsitzes zu Recht verlangt, daß Europa und die Themen Europas näher zum Bürger gebracht werden und auch mehr Unterstützung auf breiter Basis stattfindet. Ich hoffe, daß im Rahmen unseres EU-Vorsitzes Bürgernähe, Effizienz und demokratische Legitimität besondere Schwerpunkte sein werden. Diesen Themen ist ja auch das wichtige informelle Treffen der Staats- und Regierungschefs und des Präsidenten der Europäischen Kommission gewidmet. Auch dieser Punkt wird natürlich gemeinsam vorbereitet, und wir sind sicher, daß wir eine Diskussion starten können, die aber sicher auch noch zwei, drei Präsidentschaften nach uns beschäftigen wird.

Aus Gründen der Aktualität komme ich natürlich auch auf das wohl drängendste und schwierigste Thema in der Außenpolitik zu sprechen, auf den Kosovo. Die letzten Entwicklungen vor Ort: Derzeit gibt es zirka 80 000 Flüchtlinge, die aus ihren Dörfern, aus ihren Häusern vertrieben wurden. Es sind 15 000 in Nordalbanien und etwa 10 000 in Mazedonien untergekommen. Es gibt über 300 offiziell registrierte Tote, Hunderte Vermißte, Tausende Verletzte. Die Situation ist in Wirklichkeit schlimmer als noch vor einigen Wochen, die UCK kontrolliert vermutlich 30 – nach ihren eigenen Angaben 40 – Prozent des gesamten Territoriums.

Gott sei Dank ist in den letzten drei Wochen so etwas wie eine internationale Kraftanstrengung zur Befriedung, zur Minderung von Spannungen zustande gekommen – ich selbst war als erster


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