Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 133. Sitzung / Seite 42

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Österreich ernst meint, wer es mit dem Kampf gegen das organisierte Verbrechertum ernst meint, wer wirtschaftliche Stabilität einer Großregion im Auge hat, der muß sich für die EU-Erweiterung, wenn sie richtig gemacht wird, einsetzen, um so zu verhindern, daß wir von Osteuropa Unsicherheit, Instabilität oder auch Emissionen importieren müssen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich habe bei meiner Tour des Capitales, also bei der Tour durch die vierzehn anderen EU-Hauptstädte – Griechenland steht durch eine Terminverschiebung erst übermorgen auf der Tagesordnung –, und in den mittel- und osteuropäischen Ländern große Zustimmung für das Konzept beziehungsweise für das Programm der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft gefunden.

Mir ist klar, daß diese EU-Erweiterungsrunde schwierig sein wird, weil es große Unterschiede im Einkommensniveau gibt, weil ganz neue institutionelle Herausforderungen an die Europäische Union selbst gestellt werden. Wir müssen aber natürlich auch die Sorgen der Bevölkerung ernst nehmen; das ist klar.

Das Interessante bei meinen Besuchen war – ich war in Polen, in Estland, gestern in Slowenien und fahre jetzt dann nach Prag –, daß haargenau, eins zu eins, spiegelgleich, auch in den Ländern der Beitrittskandidaten Sorgen und Ängste der Bevölkerung spürbar sind. Es sind haargenau die gleichen Sorgen, die auch uns bewegen, wie zum Beispiel: Wie ist das mit den Arbeitsplätzen? Kann nicht und wird nicht die überragende wettbewerbsstarke, konkurrenzstarke Westwirtschaft aus der EU unsere Industrie kaputtmachen? Haben wir überhaupt eine Chance in diesem Wettbewerb? Die Frage nach der Identität und die Frage nach der Souveränität werden beispielsweise in Estland sehr klar gestellt mit der Bemerkung: Jetzt sind wir gerade der einen Union – Sowjetunion – entkommen, aber wie wird das mit der anderen Union sein?

Natürlich wissen diese Länder, daß das ein völlig anderes Konzept einer Union, ein partnerschaftliches Zusammenwirken einer Union und nicht die Abhängigkeit von Moskau ist, aber Sorgen und Ängste gibt es trotzdem.

Auch die Frage nach der Sicherheit, die Frage nach dem Ausverkauf von Grund und Boden sind hörbar, und wir werden gut daran tun, sehr sensibel auf die Stimmungslage in den Ländern der Beitrittskandidaten zu hören und ihnen vor allem auch die richtigen Signale zu senden, sie zu ermutigen, auf dem Reformweg weiterzugehen, weil gerade das "Work in Progress", der Prozeß der Annäherung sehr wichtig ist.

Man kann da, wenn man es falsch macht, sehr viel Schlimmes anrichten, indem man einerseits die Erwartungen zu hoch schraubt, andererseits – was noch schlimmer ist – die Menschen in diesen Ländern entmutigt, und zwar Menschen, die ein Recht darauf haben, Kraft und Stärkung von der Europäischen Union zu erfahren.

Deshalb beabsichtigen wir vom Außenministerium und von der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft, mit den sechs prioritären EU-Beitrittskandidaten bis November dieses Jahres zumindest über einige jener Kapitel, über die die Kommission schon ihr Gutachten abgegeben hat, formelle Beitrittsverhandlungen auf Ministerebene aufzunehmen. Wir werden dann in Wien den Fortschrittsbericht über die elf EU-Beitrittskandidaten verhandeln, in dem Wissen, daß wir ganz gut unterwegs sind.

Natürlich wissen wir, daß die Erweiterung auch Reformen innerhalb der Union bedeutet. Die Erweiterung ist nicht gratis. Es wäre lächerlich, das zu sagen. Das ist ja auch der Grund dafür, daß wir mit den EU-Budgets schon jetzt so sparsam umgehen, daß wir nicht die maximal möglichen 1,27 Prozent ausschöpfen, sondern – im Gegenteil! – deutlich darunter bleiben, nämlich um die Erweiterung auch finanzierbar zu machen. Daher glaube ich, daß wir gut gerüstet sind für die internen Reformen, die neue gemeinsame Agrarpolitik, eine neue Strukturpolitik und eine neue Finanzverfassung, die letztlich bis zum Jahr 2006 gelten wird. Das ist ein Programm, das eigentlich über zwei Legislaturperioden hinausreicht.

Ich als Vorsitzender des Allgemeinen Rats strebe eine enge Kooperation mit dem ECOFIN und mit dem Landwirtschaftsministerrat an – also mit unseren Vorsitzenden Rudi Edlinger und Willi


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