Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 133. Sitzung / Seite 187

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setzen! Das wäre eine andere Frage. Da möchte ich wissen, wie dann Ihr Versprechen vor dem Ausschuß zu qualifizieren ist.

Bitte zum Mitschreiben, Herr Familienminister: Im Artikel 9 MRK – MRK heißt Menschenrechtskonvention – steht ... (Heiterkeit des Bundesministers Dr. Bartenstein.  – Demonstrativer Beifall der Abg. Schaffenrath. ) Das haben Sie nicht gewußt? Lesen Sie die MRK einmal! Oder soll ich sie Ihnen vorlesen?

Da steht ganz klar drinnen, daß Sie nicht das Recht haben, bei gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften irgendwelche Kontrolltätigkeiten auszuüben. Dieses Recht steht Ihnen gar nicht zu. Sie haben die innere Autonomie der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften zu achten. Das ist immer noch im Bereich des Verfassungsrechtes, Herr Bundesminister, wie Ihnen sicherlich aufgefallen ist.

Oder kennen Sie die Verfassungsbestimmung aus dem Bundesgesetz über die Rechtsverhältnisse der evangelischen Kirche? – Es dürfte Ihnen als Steirer doch bekannt sein, daß die evangelischen Kirchen – Helvetisches Bekenntnis und Augsburger Bekenntnis – eine besondere Rechtsstellung haben. Es gibt im § 1 dieses Gesetzes eine Verfassungsbestimmung, in der ausdrücklich das Verbot normiert ist, daß irgendeine staatliche Macht dort Kontrolle ausüben darf. Und da versprechen Sie dem Ausschuß – und lassen das von diesem Ausschuß auch noch beschließen –, daß Sie dort in Zukunft Kontrolltätigkeiten über irgendwelche Gefährdungen machen – welche, das wissen Sie selbst nicht ganz genau – und dann darüber irgendwelche Meldungen erstatten werden!

Nebenbei: Nach dem Text dieser Ausschußfeststellung gehen die Meldungen sogar an alle Kirchen. Das heißt, wenn bei der altkatholischen Kirche des Kollegen Schieder ein Mißstand auftauchen würde, dann müßten die katholische Kirche, die evangelische Kirche und auch alle anderen Kirchen – lesen Sie den Text, dann werden Sie draufkommen – davon in Kenntnis gesetzt werden.

Letzter Punkt, Herr Bundesminister. Sie sind doch, glaube ich, Katholik. Da müßte Ihnen doch auffallen, daß Sie auch gegen Völkerrecht verstoßen. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Glauben ist etwas Relatives! Sie irren!) Nein, das ist nicht etwas Relatives, Herr Bundesminister! (Bundesminister Dr. Bartenstein: Sie irren trotzdem!) Wieso irre ich? (Bundesminister Dr. Bartenstein: Weil ich nicht Katholik bin!) Sie sind nicht Katholik. Was sind Sie dann? Sind Sie evangelisch? (Bundesminister Dr. Bartenstein: Ja!)  – Na, dann müßten Sie ja Ihre eigenen kirchenrechtlichen Verhältnisse kennen!

(In Richtung des Abg. Dr. Khol:) Dann werde ich den Oberkatholiken Ihres Klubs ansprechen. Denn das Völkerrecht, nämlich das Konkordat zwischen der Republik Österreich und dem Heiligen Stuhl, regelt ausdrücklich in Artikel 1 § 1, daß der Staat nicht das Recht hat, in die inneren Angelegenheiten der katholischen Kirche – hier noch genannt: der heiligen römisch-katholischen Kirche – Eingriffe zu tätigen, Aufsichtsrechte wahrzunehmen und dergleichen mehr.

Herr Bundesminister! Sie haben etwas versprochen, was nach Verfassungsrecht – nach drei verschiedenen Bestimmungen; und als evangelischer Christ werden Sie wissen, daß das bei Ihrer Kirche sogar noch extra normiert ist –, was also qua Verfassungsrecht und qua geltendem Völkerrecht unzulässig ist.

Ich warne daher heute davor, diese Ausschußfeststellung zu beschließen. An die Fraktionen ergeht mein Aufruf, einzusehen, daß es ein Schmarren ist, daß man beschließt, daß das, was Sie versprochen haben, einzuhalten sein wird, und daß das Parlament heute damit, daß es eine solche Ausschußfeststellung beschließt, gegen geltendes Verfassungsrecht – ich habe Ihnen drei entsprechende Gesetzesstellen zitiert – und gegen geltendes Völkerrecht verstößt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.34

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Moser-Starrach. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.


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