Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 134. Sitzung / Seite 96

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Auch die Liberalen haben diesbezüglich eine ganz eigenartige Auffassung. Ich zitiere wieder aus einem Ausschußbericht über einen Antrag der Liberalen: "Die Sorge vor einem ,Ansturm‘ von Ausländern auf die österreichische Staatsbürgerschaft ist dann unbegründet, wenn für Ausländer mit Wohnsitz in Österreich gleichzeitig integrationsfördernde Maßnahmen ergriffen werden, die den Anreiz, die österreichische Staatsbürgerschaft zu benötigen, um als gleichberechtigter Bürger behandelt zu werden, verringern."

Die Liberalen fordern also allen Ernstes: Gebt den Zuzüglern so viele Rechte in die Hand, daß die Staatsbürgerschaft für sie eigentlich nichts mehr wert ist.

Meine Damen und Herren der Liberalen! Auch dem können und werden wir nicht folgen. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Österreichische Volkspartei hat ein ganz klares Verständnis und eine ganz klare Sicht der Dinge. Wir halten es mit dem jahrtausendealten Prinzip der klassischen und humanistischen Gastfreundschaft, der Hospiteia. Damit Sie unsere Haltung kennen, darf ich Ihnen aus den "Irrfahrten des Odysseus" zitieren. Als Odysseus nach Hause kommt und sein Freund, der alte Schweinehirte Eumaios, ihn nicht erkennt, weil er als Bettler verkleidet ist, sagt Eumaios folgendes zu ihm:

"Gast, es wäre nicht recht – und käme ein geringerer Mann noch –, einen Gast zu mißachten; denn Zeus gehören ja alle, Fremdlinge und Darbende an, zwar klein, doch gerne gegeben, heißt es bei unsereinem."

Das ist die Auffassung, die die Österreichische Volkspartei hat: Gastfreundschaft jenen zu bieten, die bei uns Gäste sind, aber wir verlangen auch, daß sie sich an das Gastrecht halten und daß sie die Gesetze und Rechte der Republik Österreich befolgen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es zieht sich wie ein roter Faden durch den Antrag, daß die Kenntnis der deutschen Sprache Voraussetzung dafür sein muß, die Staatsbürgerschaft zu erhalten. Und das, glaube ich, ist der wesentliche Kernpunkt in diesem neuen Antrag.

Ich zitiere noch einen, der unverdächtig ist. Es ist Wilhelm von Humboldt, der vor 200 Jahren gelebt hat und folgendes gesagt hat: "Die wahre Heimat ist eigentlich die Sprache." (Zwischenruf der Abg. Schaffenrath. ) Hören Sie zu, Frau Schaffenrath! "Sie bestimmt die Sehnsucht danach, und die Entfernung vom Heimischen geht immer durch die Sprache am schnellsten."

Er hat es bereits vor 200 Jahren erkannt, daß die Sprache ein wesentlicher Faktor der Heimat, der Integration ist, und genau darum geht es in unserem Antrag: daß sie entsprechend bewertet wird. (Beifall bei der ÖVP. – Weiterer Zwischenruf der Abg. Schaffenrath. ) Sie sind erschüttert. Sie können Ihre Erschütterung dann vom Rednerpult aus bekanntgeben.

Meine Damen und Herren! Für die Österreichische Volkspartei ist klar, daß die Staatsbürgerschaft und das Staatsbürgerrecht ein so kostbares und wertvolles Gut sind, daß es sich für den neuen Bürger lohnen und es ihm wert sein muß, die Sprache nicht nur zu kennen, sondern auch zu können und in der neuen Heimat bewandert zu sein, in der der neue Bürger seine Staatsbürgerschaft bekommt. Also es geht darum, die Sprache nicht nur zu kennen, sondern auch zu können. Das sehen wir als Voraussetzung für eine Integration, und zwar für eine lang anhaltende, andauernde Integration, wie es auch beispielsweise in Holland, in der Schweiz und anderen Ländern der Welt der Fall ist. (Beifall bei der ÖVP.)

18.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Daß der alte Eumaios schon blind war und den Odysseus nur an einer Narbe erkannt hat, war aber nicht auf eine Partei gemünzt, nehme ich an. (Heiterkeit.)

Am Wort ist Frau Abgeordnete Stoisits. – Bitte.

18.00

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovani gospodin president! Poštovani gospodin minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu den Zitaten, die Kollege Groß


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