Geschätzter Herr Minister! Mein wesentlichstes Argument, warum ich Ihren öffentlichen Beteuerungen, es gebe Erleichterungen, absolut nicht Glauben schenken kann, gründet sich auf den Umstand, daß mit dem Codewort "Vereinheitlichung der Fristen" nicht weniger Unterschiede zwischen der Praxis in den einzelnen Bundesländern bestehen, weil die Fristen nirgends bindende Fristen sind – außer beim Rechtsanspruch nach 30 Jahren. Aber Sie wissen, daß es sehr selten vorkommt, daß es solche Veleihungen gibt.
Die Fristen, die man neu eingeführt hat, sind Nivellierungen nach unten, jetzt negativ gesprochen, denn jene Bundesländer, die die Staatsbürgerschaftswerber sozusagen nicht so lange haben warten lassen, bis kein Weg daran vorbeiging, werden ihre Praxis beibehalten. Ich glaube nicht, daß Oberösterreich seine Praxis in Hinkunft ändern wird, da man sogar, wenn ein Ausländer nach vielen Jahren Aufenthalt in Österreich um die Staatsbürgerschaft ansucht, den Arbeitgeber anruft und fragt: Ist er eh in Ordnung? und gar nicht dazusagt, worum es geht. Ich glaube nicht, daß das Land Oberösterreich diese seine Praxis ändern wird. Ja warum auch? – Das Signal, das vom Bundesgesetz ausgeht, ist doch: Machen wir es den Leuten so schwer wie nur möglich! Halten wir die Ausnahmen, die das Gesetz vorsieht, sozusagen so gering wie möglich! – Das ist die Botschaft, die damit verbunden wird!
Herr Bundesminister! Das ist für mich das unrühmliche Ende einer verheißungsvollen Diskussion und das unrühmliche Ende von verheißungsvollen Ankündigungen. Denn der Gesetzentwurf, den ich in der XVIII., in der IXX. und jetzt auch in der XX. Legislaturperiode eingebracht habe und der die Vorstellungen der Grünen skizziert – und wenn die Kolleginnen und Kollegen Interesse haben, können sie ihn ja im Ausschußbericht grob skizziert nachlesen; mir fehlt die Zeit, um in jedes Detail einzugehen –, enthält nämlich Gedanken, die nicht nur den Überlegungen der Grünen, sondern auch den Überlegungen aus dem Innenministerium, die Jahre zurückliegen, entsprungen sind. Die Überlegungen aus dem Innenministerium bildeten die Basis dafür. Das sind – das gebe ich zu – sozialdemokratische Vorstellungen, wie das Staatsbürgerschaftswesen in Österreich reformiert auszusehen hätte.
Also es ist nicht so, wie es die Kollegen der ÖVP darzustellen versuchen, nämlich nebulos und gänzlich an der Realität vorbei!
Zwei Linien gibt es: Es gibt erstens die Linie: "Was ist gut für dieses Land?" als Leitlinie beim Staatsbürgerschaftswesen und zweitens die Linie: "Was hebt uns in den Durchschnitt eines europäischen Niveaus?", und das wollen wir umsetzen. – Das wäre es gewesen, Herr Bundesminister, was dem Wunsch, eine Novelle, eine Reform zu machen, entsprochen hätte!
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, wie gesagt, nichts davon ist in der Novelle enthalten! – Die Fristen werden verlängert – vielfältigst verlängert! –, und der Zugang wird dadurch noch verschärft. Es wird – auf die Details möchte ich jetzt gar nicht eingehen; Herr Dr. Kier hat das ja schon ausführlich erläutert – die Sechs-Monate-Verurteilung auf drei Monate, sowohl bedingt als auch unbedingt, gesenkt. Aber meiner Meinung nach sind das ja Bagatelldelikte schlechthin! Dabei geht es ja darum, daß diese Menschen nicht unbedingt schnell zu einer Staatsbürgerschaft kommen wollen, sondern einen Anspruch durchsetzen wollen, aber dadurch keinen Anspruch durchsetzen können.
Es wird ja immer so getan, also würde jeder"Pülcher" – unter Anführungszeichen – sofort eine Staatsbürgerschaft bekommen. Ganz im Gegenteil! Die österreichische Staatsbürgerschaft – dazu bekenne ich mich ausdrücklich – ist ein hohes Gut, aber sie ist kein höheres Gut als andere Staatsbürgerschaften. Ich lehne einen Österreich-Chauvinismus in der Richtung, als wäre die österreichische Staatsbürgerschaft ein höheres Gut und damit mehr wert als andere, entschieden ab. (Abg. Scheibner: Für uns schon!)
Die österreichische Staatsbürgerschaft ist jener Rahmen, der – und jetzt beziehe ich mich auf Verleihungen von Staatsbürgerschaften – Mitbürgern und Mitbürgerinnen, die in Österreich mit uns schon lange leben, die Möglichkeit gibt – und das ist für mich der springende Punkt bei dieser Diskussion –, am demokratischen Leben in Österreich teilzuhaben. Denn, meine sehr geehrten Damen und Herren: Hast du keinen österreichischen Reisepaß, so kannst du in Österreich