selbstverständlich nicht einmal deinen Bürgermeister und deinen Bezirksrat wählen, wenn die Gemeinde so wie Tschanigraben im Burgenland nur 90 Einwohner hat, obwohl du schon Jahrzehnte in Österreich lebst. Und das ist der Punkt!
Die Menschen sind ungleich, solange sie diese Möglichkeit nicht haben, obwohl sie nach außen hin gleich behandelt werden. Sie zahlen die gleichen Steuern. Ich habe noch nie gehört, daß Ausländer weniger Steuern zahlen oder daß sie irgendein Privileg hätten. Sie müssen genauso wie alle anderen die Abgaben zahlen. Sie müssen sich selbstverständlich an alle Gesetze der Republik Österreich halten – mitreden dürfen sie allerdings nirgends!
Das ist für mich der Punkt, warum es eine Reform zu geben hat: damit wir diese Zweiklassengesellschaft nicht ad infinitum weiterführen. Das ist für mich auch ein wesentliches Argument für eine Doppelstaatsbürgerschaft. Ich bin weit davon entfernt, die Forderung aufzustellen, daß sofort jeder Mensch in Österreich eine Doppelstaatsbürgerschaft haben soll, und zwar nur deshalb, weil er auch die österreichische anstrebt. Meine Forderung ist die, sich zu überlegen, ob es nicht sinnvoll wäre, das ius soli – um jetzt den terminus technicus zu verwenden – als doppeltes ius soli verwirklicht zu sehen, was verhindern würde, daß jemand, der in Österreich geboren wird und dessen Eltern schon in Österreich geboren wurden, in Österreich immer noch Ausländer ist.
Wir produzieren ständig neue Ausländer, wenn die Kinder von Menschen, die in Österreich geboren sind, immer noch Ausländer sind. Was bin ich denn für ein Ausländer, wenn meine Eltern schon in Österreich geboren sind und ich dann nur deshalb, weil meine Eltern keinen österreichischen Reisepaß haben, Ausländer bin und damit von demokratischen Entscheidungsprozessen ausgegrenzt werde und nicht die gleichen Möglichkeiten wie Inländer habe?
Das sind die Überlegungen, Herr Bundesminister, die da anzustellen sind! (Zwischenbemerkung des Bundesministers Mag. Schlögl. ) Es tut mir leid, daß ich Sie anrede, aber Sie haben die Regierungsvorlage vorgeschlagen. Herr Dr. Khol hat anscheinend den Saal verlassen. Ah nein, er ist noch da! (Abg. Dr. Khol steht bei den Bänken links vom Präsidium und ist in ein Gespräch vertieft.) Er spricht hoffentlich zum Thema. (Abg. Schaffenrath: Ich glaube, er schämt sich!)
Es stimmt möglicherweise, daß sich die ÖVP in allen Punkten durchgesetzt hat, wie sie es ja lautstark verkündet hat. Für mich bedeutet inhaltlich die Tatsache, daß sich die ÖVP in allen Punkten durchgesetzt hat, daß sie in Wahrheit steigbügelhalterisch der FPÖ die Möglichkeit geboten hat, eine der letzten, noch nicht erfüllten Forderungen des Ausländervolksbegehrens der FPÖ durchzusetzen, nämlich die Forderung "Österreich ist kein Einwanderungsland" wieder ein Stück wahrer zu machen, indem man den Zugang zur Staatsbürgerschaft nicht erleichtert, sondern striktest verschärft.
Damit komme ich zum Stichwort "Deutschkenntnisse" und zu Ihrem Slogan "Integration statt Neuzuzug", Herr Bundesminister.
Herr Bundesminister! "Integration statt Neuzuzug", dieser Slogan steht sozusagen im Raum. – Selbstverständlich möchte ich, daß für jene, die schon mit uns leben, die nach Österreich gekommen sind, um quasi bei uns den Rest ihres Lebens zu verbringen, Maßnahmen gesetzt werden, mit welchen wir sie unterstützen. Aber wenn Sie, Herr Bundesminister, Ihrem eigenen Slogan treu gewesen wären, dann hätten Sie eine ganz andere Novelle vorlegen müssen, dann hätten Sie nämlich jene Punkte, die der Integration statt dem Neuzuzug dienen, in das Gesetz aufnehmen müssen. Statt dessen hat man folgendes hineingeschrieben: "Entsprechende Kenntnisse der deutschen Sprache sind zwingende Voraussetzungen beim Erwerb der Staatsbürgerschaft." (Abg. Großruck: Richtig!)
Jeder, der behaupten würde, nicht Deutsch zu können sei kein Nachteil, wäre ja ziemlich realitätsfern. Jedem Menschen, der in Österreich lebt, kann man nur sagen: Lerne Deutsch oder beherrsche die deutsche Sprache, denn es erleichtert dein Leben ungemein!, ob das jetzt sogenannte Inländer oder Ausländer betrifft (Abg. Scheibner: Was heißt "sogenannte"?), denn 400 000 Österreicher leben nicht im Inland, sondern im Ausland.