Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 134. Sitzung / Seite 104

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Eine Vereinheitlichung der Fristen findet ebenfalls nicht statt, und die Scheinehenproblematik ist auch nicht gelöst. Wir werden dieser Regierungsvorlage nicht zustimmen, weil wir uns andere Kriterien für die Verleihung der Staatsbürgerschaft vorgestellt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt der Herr Bundesminister. – Bitte, Herr Minister.

18.33

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte eingangs ein paar Zahlen nennen, die mir wichtig erscheinen und die, glaube ich, auch deutlich symbolisieren, daß Österreich ein Land ist, in dem es in der Vergangenheit sehr wohl möglich war, die Staatsbürgerschaft zu erhalten, und in dem es auch möglich ist, die Staatsbürgerschaft in der Zukunft zu bekommen.

Ich gehe davon aus, daß jeder weiß, daß wir 8,1 Millionen Einwohner haben. Davon sind mit Mitte dieses Jahres rund 750 000 ausländische Mitbürger. Den größten Anteil stellen Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien mit rund 330 000 dar, den zweiten großen Anteil bilden Menschen aus der Türkei mit rund 140 000, gefolgt von der Europäischen Union mit 90 000, wobei der Hauptanteil, nämlich 61 000, aus Deutschland kommt. Zusätzlich haben wir in den letzten zehn Jahren etwas mehr als 100 000 Menschen die Möglichkeit gegeben, die österreichische Staatsbürgerschaft zu erlangen. Im letzten Jahr, 1997, waren es genau 16 274. Davon entfällt der Hauptanteil auf das Land Wien – das stimmt –, und zwar 8 600. Ich möchte aber klar sagen, daß nur 20 Prozent dieser 8 600, die in Wien die Staatsbürgerschaft verliehen bekommen haben, sie vorzeitig verliehen bekommen haben, also vor zehn Jahren Aufenthalt in Österreich. Der Großteil hat sie bekommen, weil er ... (Abg. Dr. Partik-Pablé: Nach sechs Jahren!) Nein. Der Großteil hat sie bekommen, weil der oder die Betreffende entweder mit einem Österreicher oder mit einer Österreicherin die Ehe eingegangen ist – das waren 1 379 – oder weil sie auf eheliche oder uneheliche Kinder oder Minderjährige erstreckt worden ist – in 2 601 Fällen –, und 1 792 Menschen haben die Staatsbürgerschaft bekommen, weil sie hier zehn Jahre lang ihren Wohnsitz hatten. Das heißt also, es sind genau 1 680 Menschen gewesen, die die Staatsbürgerschaft vor diesen zehn Jahren bekommen haben. Ich glaube, diese Zahlen sind wichtig zur Argumentation gegenüber der Behauptung, daß man in Wien in der Vergangenheit angeblich die Staatsbürgerschaft nachgeschmissen bekommen hat. Das stimmt meiner Meinung nach keineswegs.

Ebensowenig stimmt es, Herr Abgeordneter Jung, daß die ausländischen Mitbürger, die wir in Österreich haben, in einem so hohen Ausmaß kriminell sind. Gerade das Gegenteil ist der Fall. (Abg. Jung: Bei bestimmten Delikten, habe ich gesagt!) Bitte? (Abg. Jung: Ich habe von bestimmten Delikten, die von Ausländern verübt werden, gesprochen!) Gerade im Gegenteil, Herr Abgeordneter! Es zeigt sich, daß diese 750 000 ausländischen Mitbürger, die wir in Österreich haben, deutlich weniger kriminell sind als die inländischen Mitbürger. (Beifall bei der SPÖ, beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Ihr eigener Sicherheitsbericht sagt das Gegenteil!)

Was hingegen stimmt, Herr Abgeordneter Jung, ist die Fremdenkriminalität. Das sind die Menschen, die kurzfristig ... (Abg. Scheibner: Ihr eigener Sicherheitsbericht sagt das Gegenteil!) Ja, aber das muß man sehr genau formulieren, und das muß man meiner Meinung nach auch sehr, sehr genau unterscheiden. Es ist ein Unterschied, ob ich jemandem, der einige Jahre in Österreich lebt, aber nicht österreichischer Staatsbürger ist, vorwerfe, daß er kriminell ist, oder ob ich es jenen Bevölkerungsgruppen vorwerfe, die aus verschiedenen Gründen kurzfristig über die Grenze kommen, hier Straftaten begehen und dann Österreich wieder verlassen. Diese Fremdenkriminalität geht quer durch den Gemüsegarten der Straftatbestände (Abg. Smolle: Rosenstingl ist ein solcher ausländischer Krimineller in Brasilien!)  – das beginnt bei Schidiebstählen im Winter und endet bei spektakulären Tatbeständen, wie wir sie vor kurzem gehabt haben, als vorige Woche beispielsweise zwei Italiener ein Verkehrsbüro überfallen haben oder als ein Reisebus überfallen wurde. Das ist die Bandbreite der Delikte. Bei dieser Fremdenkriminalität haben wir einen deutlichen Zuwachs. Hier hatten wir Ende der achtziger Jahre einen Anteil von


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