Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 134. Sitzung / Seite 164

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destheaterverband, und darunter wieder die einzelnen Bühnen. Laut Regierungsvorlage ist es nicht anders: Der Bundeskanzler übt die Gesellschafterrechte in der Holding aus, die Holding ist nichts anderes als eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die bisher die Agenden des Bundestheaterverbandes wahrgenommen hat, und unten rangieren die einzelnen Bühnen als Gesellschaften. Es hat sich in Wirklichkeit überhaupt nichts geändert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gegenstand der Reform ist auch die Einsetzung eines kaufmännischen Geschäftsführers. Sie wissen ja, es entspricht einer langjährigen Forderung des Rechnungshofes, auch kaufmännische Geschäftsführer einzusetzen.

Wie schaut diese Position allerdings aus? – Der kaufmännische Geschäftsführer hat in Wirklichkeit, ebenso wie die bisherigen kaufmännischen Geschäftsführer, die es ja schon gegeben hat, nichts zu reden. Der künstlerische Leiter, der Direktor, schlägt den kaufmännischen Direktor vor. Erst vor einigen Tagen hat Holender triumphierend ausgerufen: Ich habe mir meinen kaufmännischen Direktor bereits bestellt, bereits ausgesucht!

Bei Stimmuneinigkeit in der Geschäftsführung – also zwischen dem kaufmännischen Geschäftsführer und dem künstlerischen Geschäftsführer – entscheidet der künstlerische Geschäftsführer. (Abg. Dr. Leiner: Das finde ich gut, wirklich sehr gut!) Daher ist das nichts anderes, als daß die Hierarchie aufrechterhalten wurde und in Wirklichkeit der kaufmännische Geschäftsführer nichts zu reden hat. Das ist einer der Punkte, warum wir meinen, daß jeglicher Gestaltungswille fehlt.

Es fehlt die Bereitschaft, die Parteipolitik, die Politik der Regierungsparteien aus dem Bereich der Bundestheater abzuziehen. Das ist das Entscheidende, denn es ist ein Anachronismus, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß in Österreich nach wie vor der Bundeskanzler entscheidet, wer jeweils Direktor bei den einzelnen Bühnen ist. Das ist doch nicht die Aufgabe eines Bundeskanzlers! Zeigen Sie mir ein Land in Europa oder in der westlichen Hemisphäre, wo eine derartige Regelung analog angewendet wird!? Zeigen Sie mir das! (Abg. Dr. Leiner: Frankreich!)

Genauso ist es bei den Bundesmuseen. Darauf werden wir ja morgen noch zu sprechen kommen.

Wie schaut es mit der Holding aus? – Die Holding hat alle Rechte, wie sie es bisher schon hatte, und darüber hinaus noch mehr. Schauen Sie sich den § 4 der Regierungsvorlage an, dann werden Sie sehen, welche umfassenden Rechte die Holding bei den einzelnen Untergesellschaften hat!

Zum Beispiel: Die Bestellung der kaufmännischen Geschäftsführer, Prüfung und Feststellung des Jahresabschlusses – alles der unteren Gesellschaften –, ja sogar die Entscheidung über die Erteilung von Prokura und Handelsvollmacht und, man höre und staune, die Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung. – Also alle Macht der Holding, alle Macht dem zukünftigen Bühnengeneraldirektor Dr. Springer!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Wirklichkeit hat sich nichts geändert. Die Organisationsform ist eine andere, aber die alten Probleme sind geblieben. Die Gewaltentrennung, von der etwa der Rektor der Hochschule für Angewandte Kunst spricht, zwischen Parteipolitik, zwischen Regierungspolitik und den Bühnen, diese Gewaltentrennung wurde nach wie vor nicht durchgeführt. Es hat sich lediglich die Rechtsform geändert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Bundeskanzler und der Staatssekretär haben in Wirklichkeit keinen Gestaltungswillen bewiesen. Sie haben sich nicht getraut, eine mutige Verwaltungsreform, eine mutige Reform im Sinne einer Loslassung der Bundestheater von möglichen Maßregeln des Bundestheaterverbandes, jetzt Holding, beziehungsweise des Bundeskanzlers zu schaffen. Eine solche Loslösung ist nicht erfolgt, und das ist das, was wir insgesamt am meisten beanstanden. Es hat sich nichts geändert. Die Kosten werden mehr; die Reform ist steckengeblieben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

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