Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 135. Sitzung / Seite 174

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Ich warne davor, ständig das Schulsystem, die Lehrer, die Eltern, die Schüler allesamt krankzujammern und hinzustellen, als lägen sie gerade im Sterben. (Beifall bei der ÖVP.) Dahinter kann nämlich System stecken. Ich muß dazu nicht ausführlich die statistischen Daten nennen. Es gibt höchste Zufriedenheit betreffend das Schulsystem, betreffend das differenzierte System. Es herrscht auch höchste Zufriedenheit hinsichtlich der dort handelnden Lehrer und sehr hohe bis höchste Zufriedenheit mit dem, was an schulpädagogischen Maßnahmen gesetzt wurde. – Soweit zum Vorspann. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Vorredner, vor allem Kollege Öllinger, haben sich so sehr mit der Leistungsbeurteilung beschäftigt. (Abg. Schaffenrath: Sprechen Sie als Erziehungswissenschafterin oder ...? Sie müssen sagen, als was Sie sprechen!) Die Form, die wir heute verabschieden werden, ist eine pädagogisch in höchstem Maße legitimierbare und darf letztlich nicht mit einer politischen vermischt werden. (Abg. Mag. Kukacka  – in Richtung der Abg. Schaffenrath –: Was ist liberal an Ihrer Schulpolitik?) Wenn Sie Erziehungswissenschafter zitieren, die Ihre Version unterstützen, dann zitiere ich welche, die meine Version unterstützen. Das ist der Punkt.

Noch einmal: Die heutige Entscheidung ist eine, die sich pädagogisch in höchstem Maße legitimieren läßt. Der Vorschlag regelt die Arbeit der Lehrer in einem ganz kleinen Bereich, nämlich eine Aufgabe, die sie zweimal im Jahr vollziehen, das heißt eine im Halbjahr und eine zum Schulschluß vollzogene Beurteilung. Sie greift nicht ein in das, was das ganze Jahr über passiert, und zwar die Mitbewertung und Mitberücksichtigung der mündlichen und schriftlichen Mitarbeit, die Arbeit, die durch Motivation, Hilfestellung, Förderung und Zwischendurchbeurteilung auf ganz vielfältige Weise geschieht. Dies alles steht nicht zur Diskussion. Ich verstehe daher die ganze Aufregung überhaupt nicht. Guter Unterricht basiert auf dieser Gesamteinstellung, und es gibt sehr viel guten Unterricht in Österreich. Das soll auch einmal gesagt werden. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Krammer. )

Was mir auch noch wichtig ist – das möchte ich festhalten –, ist, daß sich aufmerksame Eltern und Schüler ständig um dieses partnerschaftliche Gespräch, das auch Beurteilungs- und Rückmeldungscharakter hat, bemühen sollen und das auch tun. Andere Ambitionen, die gewerkschaftliche Schülertöne in die Schule hereinbringen wollen, laufen diesen partnerschaftlichen Bestrebungen zuwider. Darauf sollte man aufpassen.

Ich meine auch, daß der Vorwurf der Ungerechtigkeit im Zusammenhang mit der Ziffernbeurteilung nicht zutrifft, ebenso nicht die Frage der Motivation. Ich bringe Ihnen in Erinnerung, daß Platon bereits mit der Frage nach der Gerechtigkeit, die er den Sophisten gestellt hat, gescheitert ist. Das heißt, die Sophisten sind gescheitert, weil sie angefangen haben, diverse Gerechtigkeiten zu entwickeln.

Lassen wir daher die Gerechtigkeitsdiskussion dort, wo sie hingehört, lassen wir auch die Beurteilung dort, wo sie ihren rechten Platz hat! Ziffernnoten und andere Formen der Beurteilung sind Fachgutachten von Fachleuten, genauso wie jene von Ärztinnen oder Ärzten im Gesundheitsbereich. Ein Fachgutachten ist nicht eines, das verobjektivierbar ist. Es soll kein falsches Prüfverfahren auf eine Note oder eine Ziffernbeurteilung angelegt werden.

Vielleicht noch eine Bemerkung zu all den Alternativvertretern. Allzu gerne bringen Sie das Moment der Lebensnähe in die Schule. Ich frage mich: Wo bleibt die Logik, wenn man Leistungsbeurteilung in den Kontext zu Lebensnähe bringt? Da will man auf einmal nichts von Lebensnähe hören (Zwischenruf der Abg. Schaffenrath ), da will man auf einmal nichts von demokratischer Gesellschaft hören! Da will man offenbar wieder zum alten Feudalsystem zurückkehren, in dem kein demokratisch standardisiertes Verfahren über die Aufstiegschancen entscheidet, sondern wieder Kriterien wie Geld, Religion, soziale Herkunft oder sonstige Dimensionen über Aufstiegschancen entscheiden. Frau Kollegin! Sie müssen sich entscheiden, ob Sie in dieser Welt, in dieser Demokratie leben oder nicht! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schaffenrath: Ja! Ein Beispiel, wann Sie eine Note geben!)  – Ein bißchen mehr Logik.


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