Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 136. Sitzung / 35

Denn was wird sonst passieren? - Wenn die 35-Stunden-Woche ohne Entlastung des Faktors Arbeit in Kraft tritt, werden die Betriebe das, was sich langfristig besser rentiert, durchführen, nämlich die Rationalisierung. Es wird sich also aus der 35-Stunden-Woche kein Beschäftigungseffekt, sondern in kurzer Zeit ein neuer Wegrationalisierungseffekt ergeben.

Der Faktor Arbeit ist auch in den neuen Dienstleistungen - europaweit gesehen - in Österreich zu hoch angesetzt. Die Initiativen für die notleidende Tourismusindustrie, in diesem Bereich endlich auch mit ihren europäischen Mitanbietern kompatible Steuersätze zu erreichen, sind im Rahmen der Bundesregierung schlicht und einfach "verhallt". Wenn man sich die Steuersätze etwa in Italien, in der Schweiz oder in anderen Tourismuskonkurrenzländern im Verhältnis zu den Dienstleistungen im österreichischen Fremdenverkehr ansieht, dann stellt man fest, bei uns sind diese um 30 bis 50 Prozent höher.

Dieser Faktor ist nicht durch Freundlichkeit, durch positive Stimmung, durch schönes Wetter, sondern nur durch eine ordentliche Steuerreform wettzumachen. Frau Abgeordnete Schmidt hat richtigerweise gesagt, daß der alte Hut des nichtentnommenen Gewinnes nach wie vor ein "neuer Hut" ist und immer noch nicht umgesetzt ist. Wir Freiheitlichen fordern das, wenn ich mich recht entsinne, schon seit mehr als 13 Jahren. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Die Entlastung der Klein- und Mittelbetriebe in dieser Republik ist nicht erfolgt.

Man darf sich aber auch nicht wundern, daß das Schulsystem in Österreich immer mehr in Mißkredit kommt. Ich darf etwa an die HBLAs für wirtschaftliche Frauenberufe erinnern, an die vormaligen Frauenberufsschulen. Es gab diesbezüglich vier Namensänderungen innerhalb von zehn Jahren und den Verlust von fünf Konzessionen, die man ehemals im Rahmen der Matura erreicht hat. Wie funktioniert das, daß man unser einerseits Schulsystem europareif machen will, aber dann andererseits den Abgängern der berufsbildenden Schulen jene Berufsbefähigungen, die sie erlangt haben, wegnimmt und meint, das wäre mehr Flexibilität?

Das ist nicht mehr Flexibilität; das ist das Verhindern von jenem Unternehmergeist, Herr Kollege Feurstein, von dem Sie gerade gesprochen haben! Das ist es, was die Leute verdrießt, nämlich daß man ihnen trotz bestimmter Voraussetzungen, die sie erfüllen, die Konzessionen noch während der Schulzeit und auch nach der Matura weitere Konzessionen weggenommen hat. Man bildet sich dann ein, daß man damit mehr Unternehmer bekommen wird! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Auch schon von meinen Vorrednern wurde diese zögerliche Haltung betreffend Reformen aller unserer Berufsbilder kritisiert. Die neuen Berufsbilder, gerade im Dienstleistungsbereich, führen heute schon eher dazu, daß wir überqualifiziert sind. Wenn sich früher eine Krankenschwester in der Praxis bewährt hat, konnte sie eine breite Palette von Berufen ergreifen. Heute gibt es nur die Möglichkeiten der Behindertenbetreuer und der Pfleger, deren Tätigkeit mit den Tätigkeiten in der Landwirtschaft zu vergleichen sind. All diese neuen Berufsbilder engen das ehemalige Berufsbild ein, statt es aufzubauen. Man sollte endlich eine Aufbauausbildung ermöglichen, aufgrund derer sich jeder einzelne in entsprechender Form diversifizieren kann. Es kann doch nicht in einem Staat Sinn und Zweck sein, eine Regulierung einzuführen und immer das Schlagwort der Deregulierung auf den Lippen zu tragen!

Ich glaube, sehr geehrte Frau Bundesministerin, Sie haben es sich heute etwas zu einfach gemacht, indem Sie sich auf den Bereich der Sozialpartnerschaft und Ihres Ministeriums beschränkt haben. Ich gebe Kollegen Feurstein recht, Bewußtseinsbildung ist wichtig. Aber die Bewußtseinsbildung im Rahmen unserer Bundesregierung erfolgt nicht so, wie es die plakativen Überschriften ankündigen, sondern so, wie sie heute oft in den Zeitungen dargestellt wird: Unter einer plakativen Überschrift steht der legistische Text, der nichts mit dem zu tun hat, was in der Überschrift steht. Das ist es, was die Leute in diesem Staat verdrießt, Herr Kollege Feurstein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Machen Sie keine Gewerbereform, die wieder neue Regulierungen bringt und nicht im internationalen Gleichklang erfolgt! Machen Sie keine Schulreform, die wieder mehr Regulierung bringt und nicht mehr Freiheit!


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