Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 136. Sitzung / 38

immer dann, wenn es um Familienförderung geht, die Männer mehr Geld, die Frauen aber Erwerbstätigkeit wollen, weil das in unserem jetzigen sozialen System leider immer noch die einzige Chance auf eine sozialrechtliche grundlegende Absicherung ist. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ganz so einfach, wie das in einem Artikel dargestellt ist, den ich der heutigen Ausgabe des "Kurier" entnehme - "Aus eins mach' zwei" -, wird es mit den Halbtagsbeschäftigungen nicht funktionieren können. Ich meine, wenn hier der Herr Staatssekretär und die Frauenministerin gutmeinend sagen, damit könnten viele Arbeitsplätze geschaffen werden und man könnte insbesondere auf die Bedürfnisse von Frauen und von jungen Familien besser Rücksicht nehmen, dann trügt der Schein.

Wir wissen, welche Nachteile mit dieser klassischen 20-Stunden-Halbtagsarbeit verbunden sind. Wir wissen, daß sie nur in niedrigen Hierarchien angeboten wird - Schreibkräfte, D-Posten, primär von Frauen besetzt -, wir wissen, welche Auswirkungen das auf eine Karriere hat, daß dadurch bei einem Wiedereinstieg in den Vollerwerb Karriereplanungen unwahrscheinlich erschwert werden, und Sie, Frau Sozialministerin, wissen insbesondere, daß bei 35 Jahren Teilzeitarbeit mit einem durchschnittlichen Einkommen, das in etwa bei 8 000 S liegt, eine Pension von 4 500 S zu erzielen ist. Das ist in letzter Konsequenz der Beleg dafür, daß der größte Teil der AusgleichszulagenbezieherInnen jedenfalls Frauen sind.

Die Frauen wählen nicht freiwillig Teilzeitarbeit, sie haben nur - ich spreche hier von diesen 20-Stunden-Jobs - keine andere Alternative aufgrund der gesellschaftlichen Realität, daß Betreuungsarbeit so gut wie ausschließlich den Frauen zugewiesen wird. Frauen sind auf Teilzeitarbeit angewiesen, allerdings können sie davon kaum leben. Insbesondere für diese Problematik möchte ich Ihnen noch einmal unser Grundsicherungsmodell ans Herz legen, denn gerade die ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordnete Maria Schaffenrath (fortsetzend): Ich komme zum Schluß, Herr Präsident. - Gerade die Armutsstudie in Tirol hat bewiesen, daß Frauen mit Teilzeitarbeit in besonderem Maße betroffen sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie Flexibilisierung, wenn Sie andere Arbeitszeitmodelle, eine Neuverteilung von Arbeit, Arbeit für mehr Menschen wollen, sollten Sie sich einer Diskussion der Grundsicherung nicht weiterhin so beharrlich, wenn auch unverständlicherweise, verschließen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

10.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Silhavy ist die nächste Rednerin, auch wenn Kollege Kiss zum Rednerpult strebt. (Abg. Kiss: Nein, nein! Ich durchquere nur den Raum!)

10.36

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! "Europafit durch Flexibilisierung - Arbeit für mehr Menschen" lautet das Motto der heutigen Aktuellen Stunde. Und ähnlich wie die Freiheitlichen heute auf erschütternde, menschenverachtende Weise demonstriert haben (lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen), daß kein menschliches Leid, sei es noch so groß und so unfaßbar, davor geschützt ist, von dieser Partei für die Geschäftsordnungsdebatte mißbraucht zu werden, ähnlich wie diese schlimme Erfahrung, die wir heute wieder mit dieser Partei machen mußten (Abg. Böhacker: Dieser Satz ist bereits vorgedruckt in Ihrem Manuskript!), verwendet die Wirtschaft seit Jahren Schlagworte wie Konkurrenzfähigkeit, Deregulierung durch Flexibilisierung und ähnliches undifferenziert dazu, gegen Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerrechte und gegen Schutzbestimmungen aufzutreten. (Beifall bei der SPÖ.)

Anpassen! Biegsam sein! - Wenn eine Maschine eine Woche steht, weil Material zu knapp wurde, bedeutet das Anpassen, daß Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dafür zu einem anderen Zeitpunkt Nachtschichten einlegen müssen, um den Produktionsausstoß zu halten. An


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