Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 136. Sitzung / 39

passen, weil eine Just-in-time-Produktion nicht zeitgerecht geliefert wurde, bedeutet, daß die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach Hause geschickt werden, aber dafür später mehr Stunden - wenn es geht, rund um die Uhr - arbeiten müssen, um auch da die Produktivität aufrechtzuerhalten.

Diese Formen der Anpassung, meine Damen und Herren, schaffen keinerlei neue Arbeitsplätze. Flexibilisierung kann nicht ausschließlich die unternehmerische Risikoüberwälzung auf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bedeuten.

Die Wirtschaft hat kein Problem mit Flexibilisierung, wenn sie, wie im Handel, immer mehr Menschen in Teilzeit- und geringfügige Beschäftigung drängt, dafür immer mehr Vollzeitarbeitsplätze abbaut - Kollege Verzetnitsch hat uns ja deutlich die Zahlen vor Augen geführt -, diese gleiche Wirtschaft ist aber starr und inflexibel, wenn es um das Recht auf Teilzeitarbeit nach der Karenzzeit für Mütter geht.

Der Kinderbetreuungsscheck, Herr Kollege Feurstein, hat mit Chancengleichheit aber schon überhaupt nichts zu tun (Abg. Dr. Feurstein: Für Frauen schon!), der Kinderbetreuungsscheck soll eine Lenkungsmaßnahme sein, Frauen wieder in die Reservearmee zurückzudrängen. Wenn man sie nicht braucht, läßt man sie daheim, und wenn man sie braucht, holt man sie wieder auf den Arbeitsmarkt. (Beifall bei der SPÖ.)

Eines, glaube ich, ist unbestritten: und zwar daß Arbeitszeitverkürzung eine wichtige von mehreren Maßnahmen darstellt, die Beschäftigungsquote zu erhöhen. Aber diese Arbeitszeitverkürzung muß derart gestaltet sein, daß sie dem Ziel der existenzsichernden Vollzeitarbeit und der Annäherung an die Vollbeschäftigung entspricht. (Beifall bei der SPÖ.)

Nur dann werden wir wirklich europafit sein, denn Europa wird nur fit sein, wenn in diesem Europa der Mensch im Mittelpunkt steht, wenn der arbeitende Mensch den Mittelpunkt Europas ausmacht.

Mit dem letzten Sozialrechtsänderungsgesetz haben wir zukunftsorientierte neue Modelle, die heute schon angesprochen worden sind, beschlossen. Diese sind aber individuell wahrnehmbar. Nun werden wir gefordert sein, die allgemeine Arbeitszeitverkürzung voranzutreiben. Es geht nicht, daß Arbeitszeitverkürzung nur auf dem Rücken gewisser Personengruppen ausgetragen wird. Teilzeitarbeit ist ein Beispiel. Kollegin Schaffenrath hat ja auch darauf hingewiesen, daß überwiegend Frauen davon betroffen sind und daß diese Teilzeitarbeit meistens nicht existenzsichernd ist.

Hinsichtlich der Grundsicherungsmodelle, meine Damen und Herren vom Liberalen Forum, befürchte ich - auch wenn ich denke, daß man über alles diskutieren soll -, daß es ähnlich sein wird wie bei anderen Maßnahmen, die nur in Unternehmensförderungen gegangen sind. Sie dienen nicht dazu, Vollzeitarbeitsplätze, sondern noch mehr McJobs zu schaffen, von denen wir alle miteinander nicht leben können. (Abg. Dr. Schmidt: Sie müssen nicht davon leben!) Das heißt, das gesellschaftliche Risiko wird vom Unternehmertum, vom Kapital, wieder auf den einzelnen arbeitenden Menschen übertragen. Das ist nicht unser Ziel! (Beifall bei der SPÖ. - Zwischenruf des Abg. Dr. Grollitsch.) Es ist ja gut, daß Sie den Namen Marx wenigstens schon einmal gehört haben. Vielleicht trägt das etwas zu Ihrer Weiterbildung bei. Ich hoffe es! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Der Mensch im Mittelpunkt - das bedeutet Europafitneß. Und dazu gehört auch, daß wir ein Vorantreiben der generellen Arbeitszeitverkürzung anstreben, um das Risiko nicht auf einzelne Personengruppen abzuwälzen, sondern um ein soziales Europa zu haben. (Beifall bei der SPÖ.)

10.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Trinkl. - Bitte.

10.40

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Der Wirtschaftsstandort Österreich ist erfolgreich. Viele Kennzahlen untermauern dies.


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