Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 136. Sitzung / 42

Ich gebe Ihnen recht, Frau Bundesminister, Flexibilisierung darf keine Einbahnstraße sein, Flexibilisierung darf nicht allein auf dem Rücken der Arbeitnehmer ausgetragen werden - da gebe ich Ihnen völlig recht -, wiewohl uns bewußt sein muß, daß die österreichische Wirtschaft, daß die österreichischen Unternehmer dann produzieren, dann arbeiten müssen, wenn entsprechende Nachfrage besteht. Und da ist Flexibilisierung auf dem Arbeitnehmer-, aber auch auf dem Unternehmersektor notwendig.

Was heißt denn eigentlich flexibel? - Ich habe im Duden nachgeschaut. (Abg. Verzetnitsch: Biegsam! Anschmiegsam!) Biegsam, biegbar, nachgebend, beweglich, anpassungsfähig, geschmeidig. Wen wollen Sie biegen, Frau Bundesminister? Wer soll sich anpassen? Wer muß geschmeidig sein?

Ich sage Ihnen eines: Als erste Maßnahme müßte eine Flexibilisierung in der öffentlichen Verwaltung eintreten. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wir brauchen in Österreich eine geschmeidige, schlanke öffentliche Verwaltung, denn nur dann werden auch die entsprechenden Budgetmittel zur Verfügung stehen, damit Lohnsteuersenkungen, wie Sie und Herr Kollege Feurstein sie gefordert haben, durchgeführt werden können.

Noch ein Punkt, meine beiden Herren Kollegen Abgeordnete: Sie sprechen immer von Lohnsteuersenkungen. Warum führen Sie sie nicht durch? Warum tun Sie es nicht? - Wir Freiheitlichen haben ein entsprechendes Modell ausgearbeitet. Sie versprechen nur, etwas zu tun, aber Sie handeln nicht. Das ist Ihre schlechte Politik, die Sie auf dem Rücken der Arbeitnehmer betreiben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen!

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Hermann Böhacker (fortsetzend): Um Arbeitsplätze zu schaffen, ist eine rasche und effiziente Steuersenkung notwendig. Das Motto lautet: Steuer senken und Arbeit schaffen für Österreichs Arbeitnehmer. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Dr. Petrovic. - Bitte.

10.51

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die Worte "Flexibilität" beziehungsweise "Flexibilisierung" sind Worte, bei denen man oder "frau" sehr genau dazusagen muß, was denn damit gemeint ist. Flexibilität und Flexibilisierung können etwas sehr Positives im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie der Unternehmungen sein. Flexibilisierung kann aber auch die Perfektionierung eines Ausbeutungssystems sein.

Insofern, so glaube ich, kann man in diesem Zusammenhang nicht nur mit bloßen Platitüden und Worthülsen arbeiten, sondern es ist notwendig, dazuzusagen was eigentlich gemeint ist. Dabei verhält es sich so ähnlich wie mit dem Wort "Solidarität", das - jedenfalls bisher - meistens mit sozialer Solidarität gleichgesetzt wurde, in letzter Zeit aber immer mit Waffenbrüderschaft verwechselt wird, wenn es um die NATO geht.

Flexibilität, die nach Meinung der Grünen sinnvoll ist oder sein kann, darf nicht einseitig sein. Was derzeit abläuft, ist aber ziemlich einseitig. Flexibilität setzt nämlich voraus, daß es eine soziale Grundsicherung gibt - auch in materieller Hinsicht. Die Grünen schlagen vor, daß es so etwas wie einen Mindestsockel in den Systemen der sozialen Sicherheit geben soll. Es muß sichergestellt werden, daß durch Teilzeitarbeit und Wochenendarbeit nicht ein Phänomen eintritt, das als "working poor" bezeichnet wird. Dabei handelt es sich um Menschen, die zwar aus den Systemen der sozialen Sicherheit kommen, aber zuwenig verdienen, um davon leben zu können. Das sind in erster Linie Frauen; und dann ist Flexibilisierung nichts Positives mehr.


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