Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 136. Sitzung / 43

Ich meine, einen Punkt sollten wir nicht aus den Augen verlieren: Solange nicht die Wochen-, Jahres- oder Lebensarbeitszeit pro Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer verkürzt wird, ist mit Sicherheit kein positiver Arbeitsplatzeffekt zu erwarten. In diesem Zusammenhang richte ich insbesondere ein dringendes Ersuchen an die Sozialdemokratie.

Frau Kollegin Silhavy hat gesagt, vieles, was auf den Märkten passiere, sei menschenverachtend. - Ja das stimmt; nur frage ich Sie schon: Wie haben Sie Ihre Macht als stärkste Fraktion in diesem Hause eingesetzt, damit diese Phänomene nicht auftreten? Haben die soziale Infrastruktur, die Kindergärten und die Betreuungseinrichtungen mit den Ladenöffnungszeiten Schritt gehalten? Sehen Sie, Frau Kollegin Silhavy, nicht auch oftmals bei den Registrierkassen der Supermärkte nach 17.00 Uhr Kinder herumstehen, deren Mütter dort arbeiten und nicht wissen, was sie mit ihren Kindern tun sollen? - Das sind Phänomene, die ich für sehr bedenklich halte.

Ich meine, wir sollten nach der Einführung der Regelung über die Ladenöffnungszeiten, die von mir und von großen Teilen der Grünen abgelehnt wurde, einmal Bilanz ziehen. Was hat diese Regelung gebracht? - Einen Punkt hat Kollege Verzetnitsch ja angesprochen: Der Anteil der prekären, schlecht entlohnten Arbeitsverhältnisse hat dramatisch zugenommen. Die Antwort darauf sollte Mindestsockel heißen.

Ich denke, daß man noch etwas in Betracht ziehen muß. Man muß, und zwar von der ArbeitnehmerInnenseite her, eine Flexibilisierung im Sinne von Bildungsfreistellungen zulassen - im Sinne von Auszeiten überhaupt, um zum Beispiel auch dem "Burn-out-Syndrom" entgegenzuwirken. Das wäre eine sinnvolle Flexibilisierung.

Ich ersuche Sie daher: Evaluieren Sie doch die vorgenommene Änderung bei den Ladenöffnungszeiten! Ich behaupte, das, was hier passiert ist, ist das Modell Mariahilfer Straße und Shopping City Süd. Das, was man aber wahrscheinlich wollte und was sinnvoll wäre, nämlich den kleinen Geschäften mit kleiner Verkaufsfläche, mit wenigen bis gar keinen ArbeitnehmerInnen eine Steigerung der Attraktivität zu ermöglichen - auch durch Flexibilisierung -, ist nicht passiert. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Diese Geschäfte sterben weiter vor sich hin.

Ich ersuche Sie wirklich - ich glaube, der ÖGB und die Arbeiterkammern hätten auch die Möglichkeit dazu -: Evaluieren Sie das, was passiert ist, und arbeiten wir gemeinsam an einem sinnvollen Modell von Flexibilisierung! (Beifall bei den Grünen.)

10.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Ich werde nun die Sitzung bis 12.30 Uhr unterbrechen. Nach Wiederaufnahme der Sitzung wird die dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage 4717/J stattfinden, sofern wir in der Präsidialkonferenz nicht zu einem anderen Ergebnis gelangen.

Bevor ich die Sitzung unterbreche, gebe ich bekannt, daß unmittelbar nach Sitzungsunterbrechung im Lokal VI eine Sitzung des Hauptausschusses stattfindet, also in 3 Minuten, und nach Beendigung der Sitzung des Hauptausschusses die vereinbarte Präsidialkonferenz stattfinden wird.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 10.57 Uhr unterbrochen und um 12.38 Uhr wiederaufgenommen.)

Präsident Dr. Heinrich Neisser (den Vorsitz übernehmend): Meine Damen und Herren! Ich nehme jetzt - um 12.38 Uhr - die unterbrochene Sitzung wieder auf.


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