Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 136. Sitzung / 76

Die ÖVP hat schon vor Wochen, genau am Vorabend des Aktionstages der Ärztekammer, einen Antrag eingebracht, in dem sie verlangt hat: Bis zur Pensionierung des Arztes kann die Hausapotheke auch bei Eröffnung einer öffentlichen Apotheke aufrechterhalten werden. Dann hat sie sich Scheibchen für Scheibchen nach der Salamitaktik herunterschneiden lassen: zuerst bis auf 15 Jahre, dann bis auf 10 Jahre, und schließlich kam sogar noch ein Vorschlag von seiten der SPÖ, daß nur Hausapotheken bis zu einem Umsatz von 1 Million Schilling in Frage kämen. Das war wirklich keine durchdachte Lösung.

Und folgendes möchte ich auch noch kritisieren, weil immer vorgegeben wird, Konsens zu suchen: Sie haben in der Frage Zahnkronen beispielsweise den Gewerkschaften freien Lauf gelassen. Die Kammern wollten Sie zwar miteinbeziehen, aber unter Dominanz der Gewerkschaft. Bei der Hausapothekenfrage hat man auch immer zu gleichen Teilen die Ärztekammer und die Apothekerkammer befragt. Gestern wurde eine sehr schnelle Lösung durchgezogen, und heute tagte der Gesundheitsausschuß. Und jetzt habe ich erfahren, daß man die Vertreter der Apothekerkammer in die Gespräche, die gestern stattgefunden haben, nicht mehr eingebunden hat. Das halte ich für eine Vorgangsweise, die nicht zu akzeptieren ist.

Ich bekenne mich dazu - das sage ich hier in aller Öffentlichkeit -, daß die medikamentöse Versorgung im ländlichen Raum aufrechterhalten werden muß, und zwar dort, wo es möglich und notwendig ist, durch die ärztliche Hausapotheke. (Zwischenruf des Abg. Ing. Gartlehner.) Ich bin auch für eine Verlängerung der Frist, wenn es verfassungsrechtlich möglich wäre, sogar bis zur Pensionierung des Arztes.

Aber das alles hätte noch viel mehr ausgehandelt werden müssen. Es bleibt im Sommer noch Zeit für Gespräche. Bereits erfolgte Anträge brauchen über den Sommer nicht behandelt zu werden. Im Herbst haben wir dann eine gesunde Basis für eine neue gesetzliche Regelung. Bis dahin können wir warten. Daher müssen wir diesen Punkt nicht unbedingt heute auf die Tagesordnung setzen. - Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.48

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Povysil. - Bitte, Frau Abgeordnete.

14.48

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Kostelka, ich freue mich, daß Sie in Ihrer Rede betonen, daß dieses Haus arbeiten will. Ich denke, das wollen wir alle. Schön, daß Sie das so extra betonen. Arbeiten wollen wir alle, nur wollen wir keine Scheinlösungen unter Druck und in kürzester Zeit produzieren. (Beifall bei den Freiheitlichen. - Rufe bei der SPÖ: Wo ist der Haider?)

Wir wollen keine Scheinlösungen, die eigentlich keine Berechtigung haben, sondern nur dazu da sind, um schnell noch einen politischen Deal über die Runden zu bringen, nämlich den politischen Deal "Zahnkronen versus Hausapotheken". Der einen Berufsgruppe, die zwar zahlenmäßig nicht so groß, aber doch von der Reputation her relativ wichtig ist, geben wir schnell ein politisches Zuckerl, und den anderen erlauben wir dafür, ihre medizinische Ideologie durchzuziehen.

Das sind Entscheidungen, die man eigentlich so nicht treffen wollte. Man hat sie auch nicht getroffen, denn man hat sich über die Liberalisierung nicht einigen können. Man hat sie ganz einfach für weitere zehn Jahre auf die lange Bank geschoben, man hat sie hinausgeschoben, sodaß man jetzt keine wirklich gute politische Lösung treffen mußte.

Man hat sich auch über die Patienten keine Gedanken gemacht. Denn was ist mit den bettlägerigen Patienten? Was ist mit den immobilen Patienten? Was ist mit denen, die viele Kinder haben? - Für sie ist es eine massive Erschwernis - und damit wende ich mich insbesondere an die Abgeordneten der Sozialdemokratie -, künftig ihre Medikamente von einer Apotheke holen zu müssen. Wie soll denn das Ihrer Meinung nach gehen? Wie soll denn das dann sein? - Jetzt kann der Arzt zu ihnen kommen und ihnen alle Medikamente bringen.


Vorherige SeiteNächste Seite
Seite 1