Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 138. Sitzung / 30

Hinter all diesen Zahlen stehen Schicksale – Schicksale von Kindern, die, wenn sie überhaupt überleben, ein Leben lang gezeichnet sind, ein Leben lang an den Folgen von Mißbrauch und Gewalt leiden werden. Es ist daher unser aller Aufgabe, Kinder vor Gewalt und Mißbrauch zu schützen, nicht wegzuschauen, sondern hinzuschauen (Beifall bei ÖVP und SPÖ), und vor allem, meine Damen und Herren, zu helfen!

Eine meiner Vorgängerinnen als Familienministerin, Ruth Feldgrill-Zankl, hat mit dem Auftrag für eine Studie über Kinderpornographie ein Tabu gebrochen. Nach der Veröffentlichung von erschütternden Daten und Fakten ist endlich das jahrhundertelange Schweigen über sexuellen Mißbrauch gebrochen worden.

Die Zahl der aufgezeigten Gewaltdelikte ist sprunghaft angestiegen. Dennoch ist die Dunkelziffer erschreckend hoch. Die an die Studie anschließende breite öffentliche Diskussion hat auch zu konkreten Verbesserungen des Kinderschutzes in Österreich geführt. Ich erinnere mich noch genau daran, als im November 1992 die "Plattform gegen Gewalt in der Familie" ins Leben gerufen wurde. Es war dies eine meiner ersten Aktionen als Familienministerin, die ich setzen durfte und die wesentlich dazu beigetragen hat, daß vor allem jene Organisationen, die mit Gewalt in der Familie konfrontiert sind, die das täglich erleben, untereinander vernetzt werden und damit die Betreuung verbessern. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Aber auch die Erarbeitung gesetzlicher Bestimmungen zur Verbesserung des Kinderschutzes hatte das zur Folge. Mit dem Gewaltschutzgesetz beispielsweise wurde ein Rahmen geschaffen, der die Kooperation der Gerichte und Sicherheitsbehörden bei Gewaltvorkommnissen in der Familie erheblich verbessert und den Organen der Exekutive zusätzliche Befugnisse einräumt.

Mit dem Ziel eines Opferschutzes wurde auch ein Symptomkatalog erarbeitet, der vor allem der Exekutive, aber auch einem Personenkreis, der mit Kindern regelmäßig zu tun hat – das heißt Kindergärtnerinnen, Lehrerinnen, aber auch den Ärzten –, zugemittelt wird. Damit ist auch eine entsprechende Vernetzung, eine entsprechende Information, eine entsprechende Handreichung gegeben. Und letztendlich wird es jetzt endlich gelingen, eine zentrale Meldestelle und eine Vernetzung der Meldestellen für mißbrauchte Kinder im Rahmen der entsprechenden Jugendwohlfahrt einzurichten, sodaß damit auch der "Krankenhaustourismus" mancher Eltern mit verletzten und mißhandelten Kindern ein Ende haben wird.

Die Bundesländer haben sich dazu bekannt, Kinderschutz und Krisenzentren auszubauen, um gewaltexponierten minderjährigen Kindern Soforthilfe zu geben und eine soziale Begleitung sowie psychologische Betreuung zu gewährleisten. Auch sollen im Bereich der Bundesländer Therapieplätze in ausreichender Zahl zur Verfügung gestellt werden, und auch der Ausbau von Frauenhäusern ist notwendig. Daneben gibt es natürlich auch noch eine Reihe von privaten Initiativen, so etwa "Die Möwe", ein Verein zum Schutz mißhandelter Kindern, oder auch die "Lobby für Kinder", die ins Leben gerufen wurde, um die Bewußtseinsbildung in der Öffentlichkeit voranzutreiben, und die in diesem Bereich auch schon einiges zustande gebracht hat.

Meine Damen und Herren! Neben dem Opferschutz stellt auch die Auseinandersetzung mit den Tätern – gerade was sexuellen Mißbrauch betrifft – eine große Herausforderung dar, zumal die Täter in ihrer Kindheit oft selbst Opfer sexueller Gewalt waren. Es kann aber nicht angehen, meine Damen und Herren, daß für den Täter mehr Milde und Verständnis herrscht als für das Opfer! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Mertel.)

Es kann auch nicht angehen, meine Damen und Herren, daß Sexualdelikte in Österreich weniger geahndet werden als Eigentumsdelikte. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein Zeitungsausschnitt aus dem Jahre 1998 belegt das sehr deutlich. (Die Rednerin hält eine Tafel mit einem vergrößerten Zeitungsartikel einer Tageszeitung in die Höhe. Der Artikel trägt die Überschrift: "Extreme Milde für Kinderschänder".)


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