Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 138. Sitzung / 80

"Das einzige, was ich getan habe, war intervenieren, daß die Staatsanwaltschaft und die Kriminalpolizei die Bergungen nicht behindern, was letztere tat." – Zitatende. Also offenbar wurden die Ermittler behindert, nicht die, die die ganze Zeit die Aufgabe gehabt hätten, exakte Kartierungen anzulegen. (Abg. Schwarzenberger: Die Ermittlung kann erst nach der Bergung stattfinden! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Bundesminister! Soeben hat der Staatsanwalt im "Mittagsjournal" mitgeteilt, daß die Kenntnisse über diesen Raubbau, diesen nicht genehmigten Abbau, seit längerer Zeit vorgelegen sind. (Abg. Dr. Brinek: Was heißt "seit längerer Zeit"?) – Jedenfalls nicht erst seit gestern abend. – Herr Minister! Versuchen Sie jetzt nicht, einen kleinen Beamten über die Klinge springen zu lassen, wenn es um Ihre Verantwortung als Behördenchef geht. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Dritter Punkt: Herr Minister Farnleitner! Sie haben das Parlament eindeutig falsch informiert. Sie haben in Ihrem Bericht vom 20. August an die politischen Parteien im Parlament unter anderem folgendes geschrieben: Ob das Kluftsystem, allfällige Karsthohlräume, die Paltenstörung oder alte, unbekannte Berghohlräume oder das Zusammenwirken mehrerer solcher Faktoren für den Schlamm- und Wassereintrag verantwortlich sind, werden die bereits begonnenen Untersuchungsarbeiten zeigen. – Das war am 20. August! Seit dem 1. August hat die Bergbehörde die Karte 1378 gehabt und damit das Wissen.

Ich frage Sie auch: Wie ist dieser Bericht entstanden? Ohne die Bergbehörde? Wieso hat man einen einzigen Umstand offenbar dezidiert ausgeschlossen, nämlich neuere, menschliche Einwirkungen, eben Raubbautätigkeit? – Das ist ein tendenziöser Bericht, das ist ein Bericht von Ihnen, von Ihrem Haus! Wer hat den überprüft? – Dieser Bericht ist eindeutig falsch. Er geht in eine ganz bestimmte Richtung, weil er das, was die Menschen, die unter Druck gesetzt worden sind, immer schon behauptet haben, bewußt ins Abseits schiebt. Herr Minister, das ist Ihre Verantwortung! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Herr Minister! Sie haben auch heute wieder nicht vollständig informiert, denn Ihre Information geht mittlerweile viel, viel weiter. Sie wissen von den Geologen, von den Erkenntnissen derer, die nie geschwiegen haben, genau, daß, abgesehen von der Tatsache der Verwerflichkeit des illegalen Abbaus, des Raubbaus, auch dieser in einer fahrlässigen und unfachmännischen Art und Weise durchgeführt wurde, daß es obschon im Rahmen einer Rechtswidrigkeit zumindest notwendig gewesen wäre, zwischen diesen Schichten 15 bis 20 Meter Abstand zu halten, um eine Gewölbebildung zu ermöglichen.

Sie wissen, daß das nicht eingehalten worden ist. Und Sie wissen, daß es in den letzten drei Wochen vor dem Unglück zu einem permanenten Lücken-Flicken gekommen ist, daß die Arbeiter vor allem damit beschäftigt waren. – Ein Raubbau, ein immer gefährlicher werdender Raubbau, ein Raubbau wie ein Raubtier – vor den Augen der Behörde!

Sie wissen, Herr Bundesminister, daß Herr Berghauptmann Wedrac sein Kommen zu diesem Betrieb – übrigens einem Konzernbetrieb von Rio Tinto; über diesen Konzern wird auch noch viel zu reden sein – jeweils 14 Tage vorher angekündigt hat. 14 Tage sind viel Zeit, wenn man eventuell einen anderen Anschein erwecken will, als die Realität dort war. Warum hat er das getan? – Das wäre ja so, als ob die Polizei vor Kontrollgängen allfällige Kriminelle warnen und sagen würde: Jetzt kommen wir!

Herr Bundesminister! Dieser Abbau ist unsachgemäß durchgeführt worden – rechtswidrig ohnehin –, weil die Scheiben versetzt abgebaut wurden, und wie ein schief gelagerter Bücherstapel ist das Ganze dadurch ins Rutschen gekommen. Sie wissen es, Herr Bundesminister! Ich weiß, daß Sie die Informationen haben! Aber trotzdem haben Sie nicht ein Wort darüber gesagt.

Als die Klagsdrohungen der Firma Naintsch Mineralwerke ausgesandt worden sind, haben Sie da den Informanten mit einem Wort signalisiert: "Ich stehe hinter euch, ich werde nicht zulassen, daß man euch mundtot macht!"? – Diese Menschen haben nicht mehr gewußt, an wen sie sich wenden sollen! Herr Bundesminister, das ist Ihre politische Verantwortung! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)


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