Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 138. Sitzung / 110

alle Schritte dieser betroffenen Behörde informieren müssen und informiert sein müssen, daß Sie nicht sagen können: "Ich kann nicht alles wissen."

Kommen Sie sich in der Öffentlichkeit nicht selber völlig brüskiert vor? Sie sagten gestern im Fernsehen um halb acht: Ich habe vor einer Stunde erfahren ... Dann führen Sie aus, was Sie vor einer Stunde erfahren haben, unter anderem, daß Sie vor einer Stunde erfahren haben, daß es Abbaupläne über Schwarzabbau gibt, wie Sie das genannt haben. Zwei Stunden später, eineinhalb Stunden später, gab es ein Telephonat mit Herrn Zechling von der Bergbaubehörde, der in diesem Telephonat sagte: Das stimmt ja gar nicht, die Pläne gibt es seit 1. August.

Wie fühlen Sie sich als Minister, wenn Sie einer Ihrer Beamten dermaßen brüskiert? Selbst wenn es die Pläne seit 1. August gibt, muß ich Sie fragen, warum Sie davon nichts gewußt haben. Herr Minister. Auch wenn ich all das für richtig erachte, was ich heute gehört habe, muß ich Sie trotzdem fragen, wieso Sie es nicht gewußt haben. Was läuft in dieser Behörde, in Ihrem Ministerium falsch, wenn Sie davon nichts wissen, heute hier stehen und sagen, Sie hätten das nicht gewußt? Welche Verantwortung haben Sie denn als Minister wahrgenommen, wenn Sie das nicht gewußt haben? (Abg. Rosemarie Bauer: Regen Sie sich nicht auf!)

Doch es geht noch weiter: Es gab unzählige Bemerkungen von dieser Behörde, die Sie ständig konterkariert und das Gegenteil von dem ausgesagt haben, was Sie behauptet haben, sowohl vor als auch nach einer Ihrer entsprechenden Äußerungen. Der Zeitraum ist nämlich ziemlich egal.

Auch bei jener entscheidenden Frage, die die Angehörigen und die Bevölkerung von Lassing betrifft und belastet, nämlich wann die Toten geborgen werden, gibt es Widersprüche. Am 3. September ist im "Kurier" folgendes zu lesen: Der Leiter der Bergbehörde, Sektionschef Wüstrich, gibt bekannt, es werde im Oktober einen Bericht geben, in dem folgendes drinstehen werde – entweder hat Wüstrich prophetische Gaben, wenn er weiß, was drinstehen wird –, nämlich daß die Opfer erst nächstes Jahr geborgen werden beziehungsweise geborgen werden könnten, oder es geht nicht mit rechten Dingen zu. Ich formuliere dies einmal so: Wo ist Ihre Aufsichtspflicht als Minister? Wo ist Ihre politische Verantwortung? Abgesehen von der Frage, daß dies inhaltlich nicht stimmt, denn wir sind dieser Frage nachgegangen und wissen, daß man sofort feststellen könnte, wie die Toten geborgen werden können. Dazu braucht man keinen wochen- beziehungsweise monatelangen Bericht, und man braucht schon gar nicht bis nächstes Jahr zu warten.

Aber all das wird nicht untersucht. Das wird beiseitegeschoben, weil hier in diesem Haus ein Verständnis von Demokratie herrscht, das meiner Meinung nach besorgniserregend ist. Es werden Untersuchungsausschüsse, berechtigte Fragen der Opposition, aber auch der Regierungspartei – wie ich jetzt sehe, auch der Sozialdemokratischen Partei –, also eine Reihe offener Fragen, die der Minister in seinem Bericht auch erwähnt, mit Inquisition gleichgesetzt. Wo befinden Sie sich denn von der ÖVP? In welchem Jahrhundert leben Sie denn? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Ist es an Ihnen vorbeigegangen, daß wir in einem demokratischen Staat leben, wo jede Frage nach politischer Verantwortung legitim, richtig und rechtens ist? (Abg. Rosemarie Bauer: Nehmen Sie das zurück!) Es wäre Ihre Aufgabe und Verantwortung als Regierungspartei, diesen Fragen nachzugehen. Aber Sie befinden sich in einem selbstherrlichen Zustand, in dem Sie glauben, es sich leisten zu können, Untersuchungsausschüsse einfach abzulehnen, weil sie unbequem sind oder möglicherweise eine ganze Palette von Verantwortlichkeiten, Versäumnissen, die bei einem Minister festzumachen sind, aufs Tapet bringen würden. Ob er das gewollt hat oder nicht, es ist seine Verantwortung, und es ist festzumachen und nachzufragen, was eigentlich geschehen ist.

Zuletzt erschütterte mich eigentlich noch die Aussage von Herrn Kollegen Nürnberger, der hier ganz freimütig erklärte, daß Betriebsunfälle anders deklariert worden seien, es habe massiven Druck gegeben. Er sagt das ganz freimütig als Gewerkschafter, und es gibt eigentlich keine Reaktion darauf im Haus – weder von der Sozialdemokratischen Partei noch von Ihnen. Finden


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