Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 138. Sitzung / 158

Das halte ich für symptomatisch, und zwar nicht nur für den Bereich des Sozialen, sondern das trifft auch ein Kernthema, von dem wir immer nur reden, die Folgerungen daraus aber nicht in die Tat umsetzen. Wenn ich "wir" sage, dann meine ich das Parlament, aber ich glaube, daß die Liberalen an dieser Frage am wenigsten beteiligt sind, nämlich an der Unverständlichkeit und Undurchsichtigkeit der gesetzlichen Vorschriften einerseits, andererseits aber auch an jenem Bürokratiedschungel, der in diesem Bericht auch wörtlich als solcher bezeichnet wird.

Ein zweiter Punkt. Auch wir haben im Zusammenhang mit der Novelle zum Gewerberecht moniert – und daher nicht zugestimmt –, daß die Beschleunigung der Verfahren und die Konzentration in erster Linie auf Kosten der Anrainer geht. Die Erfahrungen, die die Volksanwaltschaft bei ihrer Beschwerdetätigkeit macht, bestätigen das auch. Ich halte es für unerträglich, daß wir uns – und manche tun das in einer Lobhudelei, die ich, ehrlich gestanden, auch nicht mehr verstehen kann – immer an diesem Bericht orientieren und sagen, was er nicht alles Wichtiges enthält, aber keine Konsequenz daraus gezogen wird.

Das richte ich jetzt an Sie von den Regierungsfraktionen, denn Sie sind es ja, die es sogar für besonders bemerkenswert halten, wenn ein Volksanwalt oder eine Volksanwältin auf der Straße mit Leuten spricht. Sie sollten viel eher die Konsequenzen daraus ziehen, welche Erfahrungen die Volksanwälte bei ihrer Prüfungstätigkeit machen, und diese dann aber auch umsetzen. Sie sollten nicht nur belobigen, was da drinnen steht, und vielleicht das eine oder andere beklagen, sondern Sie sollten auch versuchen, es zu ändern. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Das ist nämlich eine Art Alibiaktion: Wir haben eine Prüfungsinstitution, bei der wir alles abladen und sagen, wie "klaß" die sind, und damit ist die Sache erledigt. Das ist mein Eindruck von der Arbeit hier in diesem Hause.

Was das Innenministerium betrifft – und das ist schon auch symptomatisch –, wird zum wiederholten Male festgestellt, daß die überlange Dauer der Beantwortung ein Problem darstellt, um in der Prüfungstätigkeit weiterzukommen.

Noch etwas anderes wird festgestellt – nicht nur hier, ich greife es nur heraus –: daß die Bereitschaft, Mißstände abzustellen – es muß nicht einmal gleich ein Mißstand sein, sondern es können einfach auch Unregelmäßigkeiten sein – oder Konsequenzen aus der Feststellung dieser zu ziehen, eine sehr mühsame Sache ist und daß man sozusagen immer mit der Nase darauf gestoßen werden muß, daß die Freiwilligkeit der Behebung von Mißständen und ähnlichem kaum wahrnehmbar ist.

Das ist auch bezeichnend und symptomatisch für das System, wie es sich auch in ganz anderen Bereichen zeigt. Ich erinnere mich daran zurück, wie wir im Zusammenhang mit der Kärntner und der Salzburger Wahlordnung nur in einem Bundesland eine Verfassungsklage eingebracht haben, weil wir – ich gebe zu, naiv, wie wir in dieser Frage sind – die politische Kultur der anderen überschätzt und uns gedacht haben, wenn der Verfassungsgerichtshof in einem Land feststellt, daß eine Wahlordnung nicht den Verfassungsprinzipien entspricht, dann wird doch das zweite Land, in dem die gleichen Zustände herrschen, von sich aus im Landtag die Konsequenzen ziehen und eine Änderung herbeiführen.

Kärnten hat es nicht getan, wie bekannt ist. (Abg. Mag. Barmüller: Das war ein Irrtum!) Es war ein Irrtum, ganz recht. Wir haben daraus gelernt und sind daher jetzt mit einer Plattform angetreten, um für uns eine solche Klagslegitimation allenfalls für das nächste Mal wieder herzustellen, weil man offenbar – und das ist meiner Meinung nach das Symptomatische an diesem System – ohne Zwang, also Zwang durch den Verfassungsgerichtshof, nicht dazu bereit ist, Fehlentwicklungen zu vermeiden, aus Fehlern zu lernen oder Mißstände zu beseitigen.

Was den Einzelfall und was bestimmte Zustände betrifft, macht die Volksanwaltschaft offensichtlich ganz genau die gleiche Erfahrung. Daher, weil es symptomatisch ist, habe ich das als einen Punkt herausgenommen.

Ich will mich in der Kürze der Zeit nur noch mit einem Punkt auseinandersetzen – ich habe schon vorhin gesagt, unsere Absicht ist es, die konkreten Dinge dann in der parlamentarischen


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