Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 139. Sitzung / 14

deswegen, weil es doch im Interesse der Parlamentarierinnen und Parlamentarier sein müßte, eine derartige Vorgangsweise, wie sie von der großen Koalition – ich sage bewußt "Koalition" und nicht "der Abgeordneten" – gewählt wurde, nicht zuzulassen.

Ich kann mich nicht daran erinnern, daß in den letzten Jahren Fragen, die das Parlament unmittelbar betroffen haben, in einer Art und Weise durchgezogen wurden, wie das jetzt beabsichtigt ist, nämlich ohne Befassung der Parlamentarierinnen und Parlamentarier der Opposition. Ich kann mich nicht erinnern, daß eine Frage, bei der es um die Rechte des Parlaments gegangen ist, einfach in den Koalitionsstuben beraten und dann über die Medien mitgeteilt wurde, an welchem Tag dieses dann beschlossen und tatsächlich stattfinden wird, ohne daß es zumindest einen Aufschrei der Opposition gegeben hätte. Ich appelliere aber auch an die Abgeordneten der Koalitionsparteien, sich nicht einfach an die Zügel nehmen zu lassen, sondern ihr Selbstverständnis, daß es Sache des Parlaments ist, über bestimmte Dinge zu beraten, in ihrem Verhalten zum Ausdruck zu bringen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Am letzten Tag der Session haben die Koalitionsparteien Initiativanträge eingebracht, und Herr Klubobmann Khol hat allen, wie Sie hier sitzen, über die Zeitungen ausgerichtet, dies sei nun ein Demokratiepaket, welches am 17. oder am 18. September beschlossen werde. Ich gehe davon aus, daß auch Sie, Kolleginnen und Kollegen von den Koalitionsparteien, diese Entwürfe noch nicht gekannt haben. Wir haben diese sicherlich nicht gekannt, sie sind uns erst zu diesem Zeitpunkt vorgelegt worden. (Rufe und Gegenrufe bei der ÖVP und beim Liberalen Forum.)

Dann kam die Sommerpause, und in dieser Sommerpause ist das eine oder andere Argument über die Medien ausgetauscht worden – wenn man das Wort "austauschen" großzügig auslegt, denn es war ein Abladen und nichts anderes, und es ist aufgrund des Sommerloches durchaus aufgenommen worden. (Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen der ÖVP und dem Liberalen Forum.) Dann hat die Session begonnen. Am ersten Tag dieser Session wurde ein Verfassungsausschuß angesetzt, im Rahmen dessen es eine Scheindiskussion gegeben hat. – Ich sage jetzt deswegen "Scheindiskussion", weil sich die Abgeordneten insbesondere der ÖVP, aber auch der SPÖ kaum zur Materie zu Wort gemeldet haben, außer gerade noch zu jenen Punkten, die vorgelegen sind. Aber was Demokratie in diesem Land wirklich heißen muß und unsere Vorstellungen dazu, das ist überhaupt nicht erörtert worden.

Das heißt, wenn wir jetzt – es kann nur ein Lapsus linguae sein – dieses Paket als Demokratiepaket bezeichnen, dann ist das – ich gebe dir recht, lieber Andreas – eine Verhöhnung des Parlaments, und das ist der denkbar schlechteste Start einer parlamentarischen Arbeit. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Abg. Wabl: Was der Khol unter Verfassung versteht!) Daß Kernfragen der Demokratie von diesen Koalitionsparteien über die Bühne gebracht werden sollen, ohne irgend jemanden einzubinden, halte ich für eine Beleidigung, für eine Beleidigung jedes einzelnen, wie er hier sitzt – bis auf die Klubobleute der Koalitionsparteien, weil diese haben das offensichtlich mit der Regierung so ausgemacht.

Was alles in ein Demokratiepaket hineingehört, werde ich in meinem Debattenbeitrag sagen, aber sicherlich sind es nicht nur diese Marginalien, die Sie vorlegen. Daher haben wir verlangt, einen Unterausschuß einzusetzen, im Rahmen dessen wir darüber beraten und selbstverständlich mit Mehrheiten zu einem Ergebnis kommen können. Soviel Realitätsverlust brauchen Sie mir nicht zu unterstellen, ich weiß schon, daß Sie die Mehrheit und noch dazu die Verfassungsmehrheit in diesem Hause haben. Aber es ist eine Frage des Demokratieverständnisses, wie man mit einer solchen Mehrheit umgeht. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.) Wie Sie damit umgegangen sind, hat das mit Demokratie und vor allem mit parlamentarischer Demokratie absolut nichts zu tun. Verwenden Sie daher dieses Wort nicht mehr! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

9.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. Gleiche Redezeit. – Bitte.

9.14

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Frau Kollegin Schmidt, Demokratie ist nicht gleichzusetzen mit den verfah


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