Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 139. Sitzung / 53

sagte der Maler: Schuster, bleib bei deinem Leisten! – Ich glaube, das sollten sich alle zu Herzen nehmen – und einige ganz besonders. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.38

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete Dr. Petrovic, Sie sind die nächste Rednerin. Die Uhr funktioniert wieder, Sie können sich darauf verlassen. – Bitte.

11.38

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich warte nur auf den Moment, bis endlich die Veranstaltungen hier in diesem Haus, insbesondere Kunst- und Kulturdebatten, auch irgendwann von irgend jemandem zum Kunstwerk erklärt werden, als eine gewisse Art absurdes Theater. Aber es ist gelegentlich auch recht unterhaltsam. (Abg. Dr. Cap: Samuel Beckett! – Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) Ein Teil, überschätzen Sie meine Rolle nicht, Sie sind auch Teil dieses Räderwerkes. (Abg. Dr. Cap: Wir warten auf das freiheitliche Kulturkonzept!)

Im Zusammenhang mit dem Kunstbericht hebe ich ausdrücklich hervor, daß die Art der Berichterstellung sehr viel von den Anregungen auch der Opposition berücksichtigt hat, daß ich den Bericht wirklich für einen sehr guten halte. Wenn ich ihm dennoch nicht zustimmen kann, dann liegt es also nicht an der Ausführung des Berichtes, sondern an der dahinterstehenden Politik, die gemacht wird und an der ich Kritik zu üben habe.

Es zieht sich jenseits der einzelnen Aspekte und Inhalte dieses, wie gesagt, gut gemachten, aber von der politischen Hintergründigkeit her traurigen Berichtes eines durch die heutige Debatte mit ihren sehr unterschiedlichen Beiträgen, was von Senkgruben bis zu anderen Bereichen geht: das Verhältnis der Kunst, des kulturellen Schaffens zur Rolle des Staates, zu dem Markt beziehungsweise den Märkten und damit auch zu der sozialen Situation der Kulturschaffenden. Das ist in meinen Augen das Grundproblem und die Grundkritik.

De facto gibt es seit fünf Jahren eine Stagnation des Budgets im Kunstbereich auf dem Niveau von etwas über 1 Milliarde Schilling, das bedeutet in Zeiten steigender Kosten – und natürlich gerade im Kulturbetrieb überproportional steigender Kosten – ein Sinken der Budgets. Die durch diverse Sicherheitsgebühren-Verordnungen, Vergnügungssteuern, Ankündigungsabgaben, die Werkvertragsregelung und so weiter überproportional gestiegenen Kosten sind ja bekannt und im einzelnen schon kritisiert worden. Vor dem Hintergrund sinkender Kulturbudgets, Kunstbudgets verweist man die Künstlerinnen und Künstler immer gerne und stärker auf die freien Märkte.

Frau Dr. Schmidt! Ich glaube nicht, daß es so ist, daß dieser Pragmatisierungsmechanismus ein derartig durchgängiger ist. Es ist wahrscheinlich genau das Problem, daß er gewisse Teile des Kulturbetriebes tatsächlich sehr stark betrifft und dort möglicherweise das Künstlerische bremsend wirkt, daß aber in anderen Bereichen ein derartig knallharter und beinharter und durch nichts gebremster, völlig unsozial gewordener Markt herrscht, daß es wirklich abenteuerlich ist. Der österreichische Staat weiß vor allem nicht einmal, was sich in diesen Bereichen tut. Es gibt Statistiken – Gott sei Dank gibt es Statistiken! – über alle Bereiche der Industriebeschäftigung; da wird genau aufgelistet, wie viele Obstbäume es in unserem Lande gibt, und ich weiß nicht, was noch alles. Es gibt Statistiken über den Tertiärsektor und den Fremdenverkehr, Statistiken, wer warme und wer kalte Küche anbietet, Statistiken über die Zahl der Betriebe und Arbeitsplätze in diesem Bereich.

Herr Staatssekretär! Wo gibt es hier irgendeinen Versuch einer Evaluierung? Wie schauen die verschiedenen Sparten der Wirtschaft im Kulturbereich aus? Wie schaut die Betriebsstruktur aus? Wie sind die speziellen Probleme der Firmen im Bereich des Musikschaffens, im Bereich der bildenden Kunst? Wie schaut es mit den Vermarktungsstrukturen aus? Und natürlich noch viel mehr: Wie sieht es mit der sozialen Situation der Kulturschaffenden aus, die, wenn sie mit ihrem Einkommen eine niedrige Bagatellgrenze überschreiten, in die volle Sozialversicherungspflicht, die höher als die Monatseinkünfte sein kann, hineingeraten?


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite