Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 139. Sitzung / 54

Es gibt nicht einmal eine durchgängige Erfassung. Ich habe in einem Teilbereich versucht, mir einmal einen Überblick zu verschaffen, und bin darauf gekommen, es gibt keine Erhebungen darüber, was etwa die moderne Unterhaltungsmusik betrifft. Es gibt zwar große Klagen, aber genaue Gründe, um zu lokalisieren, woran das liegen mag, sind sehr schwer zu erheben. Ich wünsche mir natürlich auch erheblich höhere Kunstbudgets. Hätte es beispielsweise jene Steigerungsraten gegeben, wie sie bis zum Jahre 1994 üblich waren – etwa 100 Millionen Schilling im Jahr mehr, über den Daumen gepeilt –, dann wäre man inzwischen bei der 2-Milliarden-Schilling-Grenze angelangt. Ich denke, das wäre schon ein sehr viel vernünftigerer Wert, der gerade im Bereich des zeitgenössischen Schaffens ein wenig mehr Bewegungsmöglichkeiten erlauben würde, ohne daß man da von Überversorgung oder Pragmatisierung sprechen müßte.

Jenseits dieses Wunsches nach einer besseren Budgetierung, denke ich, geht es jedoch auch um die Analyse und das Erfassen der Mechanismen zwischen Staat und Markt. Da können wir über Rechtsformen, über Stiftungen, über Ausbrüche aus der Kameralistik reden. Ich halte das zwar nicht für den Stein der Weisen, aber für einen möglichen Aspekt, sich hier einer Verbesserung anzunähern. Wir müssen aber vor allem über die Marktschranken reden. Es gibt in vielen Bereichen solche Teufelskreise.

Der ORF kann zum Beispiel ein zeitgenössisches Stück nicht spielen, wenn der Künstler oder die Künstlerin keinen Plattenvertrag hat. Einen Plattenvertrag bekommt er oder sie aber nicht, weil der ORF dieses Werk sicherlich nicht spielen wird. Das ist schwarz auf weiß nachzulesen, es gibt viele derartiger Aussagen. Das findet man im Bereich der Musik, im Bereich des Buchhandels und im Bereich der Galerien. In vielen Bereichen kann man auf Vermarktungsstrukturen stoßen, bei denen es sehr hohe Eingangshürden gibt, der Name zählt und der Staat gar nicht gefordert ist, dabei so viel Geld in die Hand zu nehmen, als vielmehr Schwellen abzubauen, um vielleicht einen Einstieg zu ermöglichen. Dann muß sich eine Person ohnehin erst auf den Märkten behaupten. Aber solche Daten werden nicht einmal erfaßt und analysiert. Das halte ich wohl für ein Kernproblem.

Weiters möchte ich zu der Rolle der Kulturdebatten in diesem ein wenig absurden Theater kommen. Es wird hier immer wieder Klage geführt und gefragt: Was tut die Freiheitliche Partei? – Sie polarisiert, sie emotionalisiert, sie führt einen Feldzug gegen die Intellektuellen und die Intellektualität schlechthin. Ich würde sagen: Bitte keine großen Wellen! Das ist ein beschlossenes, ein durchdachtes, intellektuelles Kalkül, derart zu verfahren. Diese Art der Politik lebt davon, emotionale Themen aufzuspüren, aufzubauschen, Ängste, vielleicht auch Aggressionen ausfindig zu machen, zu verstärken und auf dieser Ebene zu polarisieren. Das ist ein politisches Konzept und Kalkül. Dafür bieten sich etliche Bereiche an – das wissen wir ja –, wie zum Beispiel die Fremdenpolitik (Abg. Dr. Krüger: Tierschutz!), dafür bietet sich aber auch ein Konflikt an, der zwischen den Studierenden und den braven, fleißigen Arbeitern geschürt wird. Da bietet sich sicher auch das Thema Tierschutz an und die Frage, warum Sie so wenig gegen die Massentierhaltung und die millionenfachen Schlachtungen am Fließband tun. Da bieten sich viele Themen an, natürlich auch der Bereich des Kunst- und Kulturbetriebes. Damit hat Kollege Cap ja völlig recht: Sie brauchen einander.

Um ehrlich zu sein: Ist es nicht unser Wirtschaftssystem insgesamt, das bei jeder Gelegenheit so hochgelobt wird, insbesondere seit dem Jahre 1989? Es versuchen doch alle, Marktwerte zu steigern. Die Wirtschaft versucht das, sie setzt dafür die Werbung ein, die auch immer mehr auf Plakaten auf den Skandal setzt – ob für Modefirmen oder für andere Produkte, denn das, was nicht auffällt, worüber nicht geredet wird, das existiert nicht. Das wird von der einen Seite wie von der anderen Seite angestrebt. Das braucht gar nicht sonderlich zu empören. Natürlich bieten sich dann genau diejenigen an, die es auf diese emotionalen Themen in irgendeiner Form abgesehen haben – egal, ob das Kinder, ob das den Bereich des Tierschutzes oder sonst ein Thema betrifft. Es ist auch völlig egal, ob Unterstellungen gemacht werden oder nicht oder ob das der Wahrheit entspricht. Es ist ein bestimmtes Kalkül, das so durchzuziehen; und das wird auch so durchgezogen.

Die Frage der Mehrheitsfähigkeit ist natürlich Teil des Kalküls, daß man eben hofft, ein möglichst breites Kopfnicken zu erreichen. Folgendes vor allem auch an die Adresse von Frau


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite