Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 139. Sitzung / 86

gibt, und wichtig wäre es gewesen, die Diskussion darüber gemeinsam zu führen, welche Bereiche und welche Materien es sind, über die wir reden sollen. So wie wir es seinerzeit auch gemacht haben, als wir bei der Debatte über die Geschäftsordnung festgestellt haben, daß wir für das Parlament einen Katalog brauchen, um feststellen zu können, wo es mehrheitsfähige Passagen gibt und wo es diese nicht gibt, und wo Sie es trotzdem für notwendig halten, gegen die Opposition das eine oder andere zu machen.

Also die Sichtung und Auflistung der Problemfelder sind eine notwendige Voraussetzung, wenn man das Wort "Demokratiereform" ernst meint. Und wir Liberalen meinen es ernst. Die Demokratiereform ist notwendig. Unsere Demokratie ist wirklich dünn geworden. Das Demokratieverständnis, das Demokratiebewußtsein der Bevölkerung hat – wie soll ich das sagen? – nicht jene Festigkeit, die eigentlich ein Selbstverständnis sein sollte.

Mir sitzt immer noch eine Umfrage unter jungen Leute in den Knochen, die, soferne ich mich nicht täusche, zu Beginn dieses Jahres oder am Ende des vergangenen Jahres, durchgeführt worden ist, in der die üblichen Rufe, nämlich "Wie reagieren junge Menschen auf den berühmten Ruf nach dem starken Mann und ähnlichem?" – Sie kennen das schon – abgefragt wurden. Es sind dabei erschreckende Zahlen herausgekommen. Eine Zahl war besonders erschreckend, und zwar haben 16 Prozent der Befragten gemeint, es sei ihnen eigentlich egal, ob es Demokratie gibt oder nicht.

Das heißt, daß es notwendig ist, zu zeigen, was eigentlich Demokratie heißt und wie wichtig sie ist und daß sie gestützt werden muß und nicht nur ein Wort ist, sondern daß man sie leben muß, und daß sie nicht nur von der Bevölkerung getragen sein muß, sondern auch die Instrumentarien stimmen müssen, um sie leben lassen zu können. Das wäre die eigentliche Aufgabe gewesen, und gemäß dieser Aufgabenstellung und Zielformulierung hätten Sie vorgehen müssen.

Wir sind uns einig in der Meinung, daß es auch Demokratiezerstörer gibt, die politisch organisiert sind, und zwar auch in unserem Land. Also in diesem Bewußtsein hätten wir darüber reden müssen, was wir brauchen. (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abg. Öllinger.) – Danke.

Aber das, was herausgekommen ist, ist ein Scherz, wirklich ein Scherz. Herr Präsident Neisser hat gemeint, es sei eben nur ein Packerl und kein Paket. Ich werte auch das als wohlwollende Ausdrucksweise. Ich habe heute schon in der Geschäftsbehandlungsdebatte gesagt, daß ich diesen Ausdruck nur als einen Lapsus linguae sehen kann. Das ist ein irrtümlicher Ausdruck, denn sonst müßte mir ja übel werden, sonst müßte ich mich ja vor Ihrem Demokratieverständnis fürchten, und das will ich gar nicht. Daher sage ich: "Demokratiepaket" ist ein euphemistischer, ist ein übertriebener, ist jedenfalls ein falscher Ausdruck für das, was wir heute hier vor uns liegen haben.

Wenn ich mir noch einmal in Erinnerung rufe, mit welcher Vorgangsweise Sie das in das Plenum gebracht haben, so muß ich sagen: Das ist wirklich eine neue negative Qualität, die Sie hier erzeugen. Sie tun so, als würde da von einer Oppositionspartei übertrieben. Und die Argumentation, daß sich die Frau Schmidt jetzt davor fürchtet, daß Sie nicht mehr kandidieren kann, ist primitiv. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein! Wenn Sie das über die "Kronen Zeitung" transportieren – soll sein –, dann mag das vielleicht die eine oder andere Leserin oder den einen oder anderen Leser erreichen, aber ich bitte Sie, uns nicht hier im Parlament mit einer derartigen Argumentation zu belästigen, denn anders kann ich das nicht empfinden.

Bisher wurden Geschäftsordnungsfragen, Fragen der Wahlordnung – und ich glaube, mich richtig zu erinnern – noch nie behandelt, ohne daß sie nicht unter allen Fraktion des Hohen Hauses vorher abgesprochen worden wären. Aber das, was Sie diesmal gemacht haben, ist der negative Qualitätssprung schlechthin, denn es gab keine Kontaktaufnahme.

Es hat sich heute Herr Klubobmann Khol hier hergestellt und hat gesagt, es hätten Parteiengespräche mit jenen stattgefunden, die es wollten. Dazu muß ich sagen: Das ist eine Verzerrung der Realität, die wirklich mehr als unredlich ist, Herr Klubobmann Khol! (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abg. Öllinger. – Abg. Dr. Khol: Geh bitte!)


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