Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 139. Sitzung / 89

Aus diesem Grunde haben wir bereits vor einem Jahr den Antrag gestellt, daß die Möglichkeit, ein Volksbegehren durch Abgeordnete einleiten zu lassen, nicht mehr bestehen soll. Sie haben sich ein Jahr lang um diesen Antrag nicht geschert. Jetzt war er Ihnen so wichtig, daß Sie nicht einmal einen Unterausschuß zu diesem Punkt haben wollten und gesagt haben, er gehöre sofort beschlossen. Soviel zu Ihrer Glaubwürdigkeit!

Auf Herrn Stadler möchte ich deswegen kurz eingehen, weil es schon bezeichnend ist, daß er gesagt hat, es gäbe überhaupt keine Begründung dafür, daß sich die Zahl der Unterstützungserklärungen an der Wohnbevölkerung orientiert. Für ihn, für seine Denkungsart gibt es keinen Grund. Für uns gibt es sehr wohl einen Grund dafür, und zwar den, daß Rechte und Pflichten unter den Betroffenen ausgewogen sein sollen und sich nicht daran orientieren sollen, welche Staatsangehörigkeit jemand hat. Sie haben sich daran zu orientieren, wie betroffen jemand ist. Selbstverständlich gehören daher auch ausländische Mitbürger dazu. Das halte ich für richtig.

Nun möchte ich einen Abänderungsantrag einbringen, weil ich es für unnötig halte, hier mit Promillezahlen zu arbeiten. Nehmen wir doch eine ganz konkrete Zahl, sagen wir, 8 000 Unterschriften sollen es sein! Unseren Antrag kann ich aus Zeitgründen jetzt nicht mehr verlesen. Die Uhr ist schon wieder kaputt, und daher blinkt es bei mir am Rednerpult nicht.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Uhr ist nicht kaputt, sondern es sind noch 5 Minuten und 10 Sekunden Zeit, und daher blinkt die Uhr nicht.

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (fortsetzend): Danke vielmals, das beruhigt mich sehr. Ich werde den Antrag trotzdem nicht verlesen, sondern ich sage, daß es um diese 8 000 Unterschriften geht.

Im übrigen möchte ich noch etwas anregen, und wir werden das dann zur Abstimmung stellen, obwohl wir wissen, daß die Mehrheit nicht mitgehen wird, aber ich halte es für gescheit, daß die Altersgrenze jedenfalls bei der Einleitung und Durchführung eines Volksbegehrens auf 16 Jahre gesenkt wird, und zwar wieder aus dem Gefühl heraus, daß das Demokratiebewußtsein so früh wie möglich entwickelt werden soll. Ich glaube, daß durch den Gebrauch der Instrumente der direkten Demokratie dieses Gefühl entwickelt wird und daß dadurch auch ganz andere Verantwortlichkeiten entstehen. Daher lautet unser Vorschlag: 16 Jahre als Altersgrenze, um Volksbegehren unterstützen zu können. Ich lade Sie ein, ihm zuzustimmen. Er wurde im Ausschuß nicht diskutiert. Es war auch niemand bereit dazu, sich irgendeinen neuen Vorschlag anzuhören.

Der zweite Punkt sind die von mir schon genannten 8 000 Unterschriften. Diese beiden Punkte werden in unserem Antrag enthalten sein.

Ich muß jetzt einfach noch sagen, wo ich die großen Mankos in diesem Demokratiepaket sehe. Ein Manko liegt darin, daß wir die Kontrollinstrumente, die wir im Parlament haben, wegen Diskussions- und Antwortverweigerung nicht einmal tauglich einsetzen können. Ich nehme an, daß Kollege Wabl als Vorsitzender des Rechnungshofausschusses Ihnen hier das eine oder andere in Erinnerung rufen wird, bei dem wir das Gefühl haben, daß die Kontrollmöglichkeit des Parlaments blockiert wird, abgebogen wird, einfach abgeschnitten wird, sodaß daher Kontrolle nicht ausgeübt werden kann. Das gleiche ist übrigens bei der Volksanwaltschaft der Fall. Darauf habe ich gestern schon Bezug genommen.

Bevor ich zu den weiteren parlamentarischen Instrumenten komme, die ich an den Schluß meiner Ausführungen setzen möchte, möchte ich noch auf den Verfassungsgerichtshof hinweisen. Das ist ein großer Block, bei dem wir jetzt nur einen Teil herausnehmen mit einer Enquete, bei der es um die dissenting opinion geht. Wir reden von Kontrollinstanzen. Das gehört zur Demokratie dazu. Der Verfassungsgerichtshof ist ein wesentliches Kontrollinstrument, und das bedeutet, daß es funktionieren muß. Das hängt auch sehr stark mit der Bestellung zusammen. Der derzeitige Bestellungsvorgang ist nicht einer, der der Stärkung der Kontrollinstrumente dient. Das hat mehrere Gründe.

Ich empfinde im übrigen die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes als zunehmend politisch. Das Verfassungsgerichtshofurteil in der Familienrechtssache war für mich ein Parade


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