Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 139. Sitzung / 88

Es ist für mich auch nicht einsichtig, daß es zwar möglich ist, parlamentarische Anfragen an den Rechnungshofpräsidenten und an den Präsidenten des Nationalrates zu stellen, diese Möglichkeit aber beim Bundespräsidenten nicht besteht. Wir müssen abwägen, was wir damit in Bewegung setzen und ob wir das auch wollen. Aber zumindest das Bedürfnis sollte doch in Ihnen bestehen, in diesem Bereich der Demokratie etwas weiterzuentwickeln. Oder wollen Sie weiterhin einen Ersatzkaiser haben?

Zur Frage des Verhältnisses zum Parlament gibt es noch eine Reihe anderer Punkte, so etwa jenen, der die Amtsperiode betrifft. Ich glaube auch, daß die Diskussion, die nur öffentlich angerissen wurde, nämlich, ob es eine Wiederwahl geben soll oder nicht, auch auf parlamentarischer Ebene durchgeführt werden sollte.

Das einzige, was Sie tun, ist, daß Sie die Möglichkeit, daß Parteien einen Kandidaten nominieren, abschaffen. Ich weiß, wie unpopulär es ist, dagegen aufzutreten, und ich weiß, daß ich damit direkt in das Messer des Herrn Khol laufe, der dann von seiner Ebene aus – und ich habe von der "Höhe" dieser Ebene schon gesprochen – sagt: Mein Gott, der Frau Schmidt tut es halt leid, daß sie dann nicht mehr kandidieren kann! – Ich nehme das in Kauf. Es fällt Ihnen anscheinend kein besseres Argument ein.

Ich möchte, daß im Protokoll von mir und von den Liberalen nachzulesen steht, daß wir das für eine falsche Weichenstellung halten. Ich meine, daß Sie jenem Trend, der über verschiedene Personen, Parteien und Zeitungen verbreitet wird, daß nämlich Parteien an sich schon etwas Schlechtes seien, daß Parteien pfui seien, daß Politik pfui sei, Vorschub leisten, indem Sie bei der Kandidatur für das höchste Amt im Staate glauben, einen Qualitätssprung zu machen, wenn nur noch von Bürgerinnen und Bürgern und nicht mehr von Parteien kandidiert werden kann. Ich halte das für eine falsche Weichenstellung. Sie werden es mit Ihrer Mehrheit beschließen. Ich weiß es.

Was ich immer für falsch gehalten habe – und daher bin ich dankbar dafür, daß wir das jetzt ändern –, ist, daß die Reihung auf der Liste davon abhängig sein soll, ob jemand von Parteien oder Bürgern kandidiert wurde, und daß daher dann die Zahl der Unterschriften anders bewertet wird, und zwar je nachdem, ob sie von Bürgerinnen und Bürgern oder von Abgeordneten stammt. Darum geht es nicht! Die Reihung nach dem Alphabet ist richtiger, als sie vorher war. Das ist eine notwendige Änderung. Aber den Parteien die Möglichkeit zu nehmen, eine Kandidatin oder einen Kandidaten ins Rennen zu schicken, halte ich für falsch, denn es ist dann ohnehin die Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger, ob sie den Kandidaten für besser oder schlechter halten. Lassen Sie doch die Bürgerinnen und Bürger entscheiden und bevormunden Sie sie nicht ständig, so wie Sie das jetzt machen!

Ich will jetzt zum Thema Bundespräsident aus Gründen der Zeit nicht mehr sagen, obwohl es mehr zu sagen gäbe, und das war auch der Grund dafür, daß wir einen Unterausschuß verlangt haben.

Nun zum Thema Volksbegehren. Ich gehe jetzt deswegen direkt darauf ein, weil ich vorhin davon gesprochen habe, daß ich es beim Bundespräsidenten für falsch halte, wenn Abgeordnete keine Kandidatur mehr unterstützen sollen.

Beim Volksbegehren ist es völlig anders, und zwar deswegen – und jetzt bitte ich Sie, nicht polemisch zu reagieren, sondern sich mit dem Gedankengang auseinanderzusetzen, auch wenn Sie ihn nicht teilen –, weil das Volksbegehren ein Instrument der direkten Demokratie ist. Ich glaube daher, daß es richtig ist, es in seiner gesamten Struktur auch dabei zu belassen, daß es ein Instrument der Bürgerinnen und Bürger bleibt. Ich habe es daher immer – ich weiß nicht, ob immer schon, aber sobald ich mich damit beschäftigt habe, also seit sehr langer Zeit schon – für falsch gehalten, daß Parlamentarier ein Instrument der direkten Demokratie in Anspruch nehmen, wenn sie dasselbe über einen anderen Weg, nämlich über ihre Rechte, über das Initiativrecht, genauso erreichen können, denn damit ist die Gefahr, daß etwas instrumentalisiert, ja sogar mißbraucht wird, viel größer und man gibt auch die falsche Botschaft an die Bürgerinnen und Bürger.


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