Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 139. Sitzung / 97

halten wird. Dabei wird man sicherlich auch die Position von Minister Bartenstein als Jugendminister überdenken müssen, der ja schon medial in die Diskussion eingeworfen hat, daß man das Wahlalter auf kommunaler Ebene zwar senken möchte, allerdings erst nach Eintragung in die Wählerevidenz. Da müssen wir wirklich aufpassen, daß das nicht passiert! Unsere Vorväter haben nämlich nicht dafür gekämpft, daß wir ein geheimes, gleiches und allgemeines Wahlrecht haben, wenn dann Zustände eintreten, wonach sich eine gewisse Bevölkerungsgruppe, vielleicht jene zwischen 16 und 18 Jahren, in eine Wählerevidenz eintragen muß, um das Wahlrecht zu bekommen. Das leistet nämlich nur den durchorganisierten Jugendorganisationen Vorschub, die in den Parteiapparaten von Rot und Schwarz zuhause sind. Und genau das soll verhindert werden! Da werden wir als Opposition alle Hände voll zu tun haben, um diesen Vorschlägen brauchbare Gegenvorschläge entgegenzusetzen.

Es gibt auch keine echte Diskussion über die Erweiterung der Kompetenzen der Volksanwaltschaft.

Was tatsächlich geschehen ist: Das Wahlrecht für Auslandsösterreicher ist erleichtert worden. Das freut natürlich die Kollegin Karlsson besonders, weil sie ja eine Nutznießerin dieser Wahlrechtsänderung ist, da ja im Wahlkreis Wien Innen-West, wo Sie ein Grundmandat errungen hat, die Auslandsösterreicher dazugezählt waren. (Zwischenruf der Abg. Dr. Karlsson.) Genau das bestreite ich, Frau Kollegin Karlsson. Es wäre viel ehrlicher, wenn auch die SPÖ in diesem Wahlkreis mit einem Auslandsösterreicher kandidieren würde, denn ich glaube nämlich nicht, daß die Mehrheit der Auslandsösterreicher Sie gewählt hat. Die haben vielleicht die SPÖ gewählt, aber Sie als Kandidatin bestimmt nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Die hätten viel lieber einen Auslandsösterreicher hier in diesem Hause und nicht die Kollegin Karlsson – das würde ich mich zu wetten getrauen. Aber es steht mir nicht zu, das zu kritisieren; Sie sind gewählt, und Sie sind eine Kollegin, und das ist durchaus in Ordnung so, und es freut mich auch, daß wir die politische Auseinandersetzung führen können.

Aber eines möchte ich Ihnen sagen aufgrund Ihrer Unterstellungen, die Sie sich vorhin geleistet haben: Sie messen mit zweierlei Maß, wenn es darum geht, Opfer zu betrachten oder sonstige Mißstände, die noch nicht beseitigt sind, anzuprangern. Sie messen mit zweierlei Maß! (Abg. Dr. Karlsson: Dr. Haider mißt mit zweierlei Maß!)

Eine Spitzenvertreterin des Liberalen Forums hat gestern im "Standard" einen Leserbrief veröffentlicht, in dem sinngemäß steht, daß die vertriebenen Sudetendeutschen quasi noch etwas zurückzahlen müßten, weil es ihnen in Wirklichkeit viel, viel besser gehe als den in Tschechien verbliebenen Tschechen! Sie hätten durch ihre Vertreibung überhaupt erst das Glück gehabt, in den Genuß des "goldenen Westens" zu kommen! – Das ist zynisch, und ich würde mir erwarten, daß Sie das anprangern. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das ist Zynismus pur, denn dabei wird vergessen, daß 241 000 Tote auf dem Weg von Prag und Brünn nach Wien zurückgeblieben sind! (Abg. Koppler: Das stimmt schon, aber wie hat es denn angefangen?)

Daß die Haltung des Liberalen Forums in diesem Punkt sehr, sehr zwiespältig ist, haben wir in diesem Hohen Haus schon oft gemerkt. Wenn Sie aber jetzt auch beginnen, in dieser Kategorie zu denken, Frau Kollegin Karlsson, dann möchte ich Ihnen schon raten: Es stünde Ihnen als sogenannter Mandatarin für Auslandsösterreicher gut an, auch einmal anzuerkennen, daß diesen Menschen ebenfalls endlich Menschenrechte zugestanden werden müssen – genauso wie allen anderen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Karlsson: Daß der Holocaust verniedlicht wird, das macht der Dr. Haider! Er verniedlicht den Holocaust! Wir haben andere Ansichten!)

Sie haben sich hier vom Rednerpult aus nicht gegen diesen Leserbrief der Spitzenvertreterin des Liberalen Forums ausgesprochen, sondern wieder versucht, mit falschen Zitaten und falschen Unterstellungen etwas hier in dieses Hohe Haus hereinzubringen, was in Österreich gar nicht stattfindet. Das sage ich Ihnen auch hier und heute. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Öllinger: Bitte, was ist eine "falsche Unterstellung"?)


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