Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 139. Sitzung / 108

Die erste Frage ist, ob der Staat etwas überhaupt regeln darf. – Darauf wird es sicherlich unterschiedliche Antworten geben, aber man sollte sich wenigstens die Frage stellen. Wenn man zum Ergebnis kommt, der Staat darf etwas regeln, dann sollte man sich die Frage stellen: Ja, aber muß er das überhaupt regeln?, und dann werden wir schon viel weniger übrig haben, was wir tatsächlich einem legistischen Procedere unterziehen müssen. Und wenn man zum Ergebnis kommt, es muß geregelt werden, dann sollte der größtmögliche Freiraum des einzelnen und der größtmögliche Spielraum für Eigenverantwortung gewahrt sein.

Wenn wir dieses Procedere machten, dann kämen wir zu einem ganz anderen Konvolut an Gesetzen, zu einer ganz anderen Regelungsdichte, und zwar nicht nur Regelungsdichte, was die Gesetze selbst betrifft, sondern auch was die Detailliertheit der jeweiligen Gesetze betrifft. Und dann brauchen wir uns nicht nur immer über die Medien auszurichten, daß wir viel zu viele Gesetze haben, sondern dann kämen wir auch zu einem anderen Procedere in diesem Hause. Noch dazu würde sich das gewaltig im Budget niederschlagen, und es würde sich vor allem in der Mentalität der Bürgerinnen und Bürger niederschlagen, die wieder einmal lernen würden, mit Eigenverantwortung umzugehen und nicht bei jeder Gelegenheit nach Institutionen oder nach dem Staat zu rufen. Das würde uns allen gut tun, denn es würde die Demokratie stärken. (Beifall beim Liberalen Forum.) Das ist der eine Punkt.

Der andere Punkt ist, daß der Mitteleinsatz in einem vernünftigen Verhältnis zur Erfüllung der Aufgaben des Staates stehen muß. Es geht also um die Berücksichtigung der Kosten der staatlichen Aufgabenerfüllung. Seien wir doch ehrlich: Dieses "Larifari" in sämtlichen Regierungsvorlagen, wo bei den Bedeckungsvorschlägen oder überhaupt bei den finanziellen Auswirkungen steht "Kosten: keine", ist ja nicht ernst zu nehmen. Wir alle wissen, daß dieses "keine" ein Formalismus ist, daß sich Gesetze natürlich auch finanziell zu Buche schlagen, ob sich das nun im Verwaltungsbereich abspielt oder vor allem bei den Betroffenen – und im Regelfall ist es die Wirtschaft, wo es sich dann zu Buche schlägt. Natürlich spürt die Wirtschaft das, und natürlich sind das Daumenschrauben, und natürlich haben Regelungen daher ihre finanziellen Effekte und Auswirkungen.

Und wenn ich von dieser Kosten- und Ausgabenstruktur rede, die von Grund auf abgeschlankt werden muß: Es geht um die hohe Belastung des Faktors Arbeit – und das ist schon kein Alleinstellungsmerkmal der Liberalen mehr, wenn wir diese Belastung als unerträglich darstellen. Es sind sich ja inzwischen alle einig in der Feststellung, daß die Belastung des Faktors Arbeit noch unerträglicher geworden ist, blockierend, und daß sich daher diesbezüglich etwas ändern muß. Die Konkretisierung werden wir diskutieren, denn wir haben entsprechende Vorschläge.

Ich möchte aber einen zweiten Bereich der Konkretisierung herausnehmen, und das ist die Tarifsenkung. Wir haben den Vorschlag gemacht, daß die Tarife gesenkt werden, und zwar abgestuft. Es geht um jeweils 10 Prozent, mit einem steuerfreien Sockel von 15 000 S, alle anderen Tarife würden um 10 Prozent gesenkt werden. Das bedeutet beim Spitzensteuersatz die Senkung um ein Fünftel, das bedeutet bei 42 Prozent ein Viertel, bei 32 Prozent bedeutet das ein Drittel und bei der Senkung von 22 auf 10 Prozent die Hälfte. Was ich damit meine, ist, daß zwar 10 Prozent überall gleich klingt, aber daß in diesem Vorschlag natürlich eine Verhältnismäßigkeit liegt, und gerade diese Verhältnismäßigkeit ist uns so wie Steuergerechtigkeit ein Anliegen.

Ich gebe zu, daß wir auch eine "heilige Kuh" Österreichs angegriffen haben, daß wir uns erlaubt haben, ein Tabu anzudiskutieren. Als seriöse Partei sagen wir: Wir wollen eine Steuersenkung, wir wollen, daß den Menschen mehr in der Tasche bleibt, und wir wollen es auch, damit mehr in die Wirtschaft fließt. Es soll die Entscheidung des einzelnen sein, was er mit dem Geld macht, aber es soll ihm mehr bleiben.

Aber die soziale Gerechtigkeit ist uns genauso ein Anliegen, und daher komme ich nun dazu, wie denn das alles finanziert werden soll, und ich halte es für notwendig, sich Gedanken darüber zu machen, wie unser Vorschlag finanziert werden soll. Daher komme ich zu einer anderen Verteilung der Steuerlast betreffend das 13. und 14. Gehalt. Ja, es ist wahr! Und Sie alle, wie Sie hier sitzen, Sie profitieren um ein Vielfaches mehr als jene anständigen, fleißigen, braven


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