Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 139. Sitzung / 146

Meine Damen und Herren! Der Schwerpunkt muß in Zukunft in der beruflichen Ausbildung liegen. Den Arbeitskräftemangel, den wir in Zukunft haben werden, werden wir im Bereich der Facharbeiterinnen und Facharbeiter haben. Daher war die Antwort der Betriebe auf die Belastung der Lehre mit vielen Hindernissen, die ich jetzt nicht aufzählen möchte, daß Sie sich schrittweise aus der Lehrlingsausbildung zurückgezogen haben.

Nehmen Sie dieses Signal doch einmal zur Kenntnis und glauben Sie nicht, daß wir alles so lassen können, wie es ist! Durch 20 000 S Lehrlingsfreibetrag oder einer Befreiung von der Krankenversicherung oder von der Kommunalsteuer kann zwar der Druck etwas gemildert, aber das Problem nicht wirklich gelöst werden. Nehmen wir doch, Frau Vorsitzende, diesen Unterausschuß wieder auf, diskutieren wir gemeinsam mit dem Unterrichtsausschuß die vielen Anträge, zu welchen sicherlich noch bessere und noch gescheitere dazukommen werden, und beschließen wir doch endlich eine wirkliche Reform der Lehre! Überlegen wir einmal, wie die Lehre heute noch gegenüber der AHS und der BHS diskriminiert ist! Wir begehen ja nahezu ein Verbrechen, wenn wir junge Menschen in die BHS schicken, obwohl wir wissen, daß 40 Prozent dieser jungen Menschen in der BHS scheitern, nur weil sie die Lehre nicht wahrnehmen wollen, die immer noch mehr oder weniger eine Einbahnstraße ist.

Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich stimme der Fristsetzung der Freiheitlichen selbstverständlich zu, weil sie ein Schritt zu einer Lehrlingsreform ist. Allerdings gebe ich zu bedenken: Mit Geld allein können Sie Lehrplätze nicht herbeibeten! 900 Millionen Schilling wurden nur für das Jahr 1998/99 ausgegeben, damit 4 000 jungen Menschen zumindest einen Ausbildungsplatz für ein Jahr haben. Die Intention ist richtig, aber was danach mit ihnen geschieht, wo sie dann hingehen, wissen wir nicht. Sie verschieben damit nur das Problem auf die nächste Zeit. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

17.57

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Als letzter dazu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.57

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es mag schon sein, Herr Kollege Riepl, daß die Freiheitlichen Finanzprobleme haben, es ist auch sicherlich so, aber das kann doch kein Grund sein – und diese Argumentation wurde verwendet –, daß wir über die im hier vorliegenden Antrag erhobenen Forderungen nicht diskutieren können.

Auch ich teile viele dieser Forderungen nicht beziehungsweise sind sie teilweise durch Regierungsmaßnahmen und das, was im Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung enthalten war, zu meinem Leidwesen schon erfüllt worden. Denn es sind in diesem Antrag neben richtigen Punkten auch Punkte enthalten, die ich für grundlegend falsch halte, weil sie meiner Meinung nach der Lehrlingsproblematik in keiner Weise gerecht werden, wie zum Beispiel der Lehrlingsfreibetrag oder die Abschaffung der Krankenversicherung. Das sind alles Maßnahmen – und teilweise hat das sogar Kollege Peter zugegeben –, die in eine völlig falsche Richtung gehen, weil sie am grundlegenden Problem, wie wir mit Lehrlingsausbildung umgehen, in welche Richtung sie reformiert gehört, nichts zu tun haben. Genau darüber sollte man in einem Ausschuß, der sich nur mit dieser Frage beschäftigt, diskutieren. Aber darüber wird nicht diskutiert.

Natürlich ist auch der Antrag der Freiheitlichen – so wie alle anderen Anträge – dort vorgelegen. Es wurde kurz drübergestreift, und dann haben wir einzelne Punkte abgehakt und kurz andiskutiert, aber diskutiert in dem Sinne, daß man das, was in den einzelnen Punkten enthalten ist, konfrontiert mit der Realität, mit vorhandenen Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern, aus vergleichbaren Systemen wie Deutschland und der Schweiz, wo es eine heftige Diskussion, viele Initiativen und eine breite Debatte in der Öffentlichkeit darüber gibt, wie das Lehrausbildungssystem zu reformieren wäre, wurde im Ausschuß nicht.

In Deutschland und in der Schweiz lauten die Vorschläge ganz anders. Ich kann nicht beobachten, daß etwa in der Schweiz jener Weg, der in Österreich gewählt wurde, gegangen


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