Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 139. Sitzung / 145

Natürlich entsteht dadurch eine Wettbewerbsverzerrung. Man hat im öffentlichen Dienst Lehrstellen geschlossen, und für die Privatwirtschaft hat man Rahmenbedingungen geschaffen, die das Interesse, Lehrlinge auszubilden, immer mehr reduzieren.

Lehrlinge nur um der Statistik willen in Schulen, in sogenannten Berufsfachschulen unterzubringen, ist meiner Meinung nach keine sinnvolle Alternative, denn während ein Lehrplatz die öffentliche Hand 8 000 S kostet, kostet ein Schulplatz das Zehnfache, nämlich 80 000 S. Es werden derzeit Unsummen in Einrichtungen, die weder Qualität noch Berufschancen bieten, investiert. Die Bundesregierung und die Sozialpartner haben bei der Bewältigung des Lehrlingsproblems total versagt und auf den Wandel der Zeit durch neue Technologien mit hohen Abgaben geantwortet. Die Rahmenbedingungen für neue Berufsbilder ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Den Schlußsatz bitte, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (fortsetzend): Selbstverständlich, Herr Präsident. Ich komme zum Schlußsatz. – Die FPÖ hat den Antrag zur Aktivierung von Lehrplätzen bereits am 19. September eingebracht. Bis heute ist er jedoch nicht behandelt worden. Wenn Ihnen die Attraktivierung der Lehre ein echtes Anliegen ist, dann stimmen Sie dieser Fristsetzung jetzt zu. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.53

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.53

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt wirklich einen Unterausschuß, der sich mit der Lehrlingsreform befaßt. Dieser hat auch Mitte Juni 1998 einmal getagt. Es ist aber dann – sehr zum Leidwesen der Frau Vorsitzenden – das Lehrlingspaket der Bundesregierung an diesem Unterausschuß und am Wirtschaftsausschuß vorbei in den Finanzausschuß gewandert. Faktum bleibt aber, daß dort Anträge liegen – 17 liberale Anträge, ein freiheitlicher Antrag, über den wir jetzt gerade reden –, die teilweise ein Jahr oder eineinhalb Jahre alt sind, und daß es die Bundesregierung und die Koalitionsparteien vorgezogen haben, statt die Lehre wirklich von Grund auf zu reformieren, über Lehrgänge und Stiftungen ein Auffangnetz zu knüpfen.

Prinzipiell gratuliere ich Ihnen zu diesem Auffangnetz und dazu, daß Sie sich dieser Frage annehmen und erreicht haben, daß die Jugendarbeitslosigkeit in Österreich sinkt. Es ist eine Leistung, die Sie da vollbracht haben. Hinterfragen Sie aber einmal, zu welchem Preis Sie diese Leistung vollbracht haben. 4 000 Plätze werden heuer in Lehrgängen und Stiftungen bereitgestellt, für die Sie aber allein im Schuljahr 1998/99 900 Millionen Schilling investieren müssen. Das sind also nicht 80 000 S, wie es Herr Dolinschek sagte, sondern mehr als 200 000 S pro Platz. Das ist die teuerste Form, die allerteuerste Form, mit der Sie Jugendarbeitslosigkeit aufgrund mangelnder Lehrstellen bekämpfen können. Ist es die richtige Form? (Abg. Wurmitzer: Ihre Rechnung stimmt nicht!) 900 Millionen durch 4 000 ergibt 200 000. Ich habe das jetzt errechnet. Auch Herr Kopf, der sehr gut Kopfrechnen kann, wird es Ihnen gleich sagen können, Herr Wurmitzer.

Worum geht es denn dabei in Wahrheit? – Es bietet die Möglichkeit, kurzfristig etwas zu tun. Aber ich stehe hier nun schon mindestens zum fünften Mal vor den Sozialpartnern und vor den Regierungsfraktionen, und ich sage ihnen wieder, daß die duale Ausbildung ein unverzichtbarer Bestandteil der sekundären Bildungsstufe ist. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Seit vielen Jahren sage ich Ihnen aber, daß die duale Ausbildung in jener Form, in welcher sie 40, ja 50 Jahre erfolgreich war, keine wirkliche Zukunft mehr hat. Sie werden die duale Ausbildung in die sekundäre Bildungsstufe einklicken müssen. Wir müssen endlich einmal weg von der Maturantengläubigkeit. Ich halte die Matura für eine sehr wichtige Ausbildungsstufe, aber sie ist nicht mehr oder nicht weniger wert als eine gute berufliche Ausbildung. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Haigermoser: So ist es!)


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