Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 139. Sitzung / 189

diskutiert und von den Fraktionen unterschiedlich beleuchtet und bewertet werden, wie es ja zu einer richtigen Diskussion dazugehört.

Zwei Dinge fallen mir negativ auf: Zum einen, daß gewisse Themen von den Medien vorweggenommen werden. Manchmal bekommt man die Pressemeldung, bevor sich noch der Abgeordnetenkollege oder die -kollegin im Ausschuß dazu zu Wort gemeldet hat. Man kann dann genau nachvollziehen, ob er oder sie das wortwörtlich wiedergibt oder ob es Abweichungen gibt.

Zum zweiten: Wir laden sehr viele Auskunftspersonen ein, das möchte ich ausdrücklich feststellen. Ich habe aber oft schon erlebt, daß Personen, die vorgeladen wurden, gar nicht zu Wort gekommen sind. Ich denke da zum Beispiel an den Bundesheerbereich. Da haben wir höchstrangige Offiziere vorgeladen, neun Offiziere waren es, wenn ich mich richtig erinnere. Kein einziger von ihnen ist dann zu Wort gekommen. Das sind natürlich Dinge, die meiner Meinung nach vermieden werden sollten. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer.)

Zum Fall Lenzing. Das ist jener Bereich, den ich im Ausschuß seitens der ÖVP bearbeitet habe. Im Bericht umfaßt er knappe 15 Seiten. Es gab – das muß man dazu sagen – bereits im Vorfeld dieser Rechnungshofüberprüfung Schwierigkeiten, weil die Bank Austria die Prüfung verweigert hat. Der Verfassungsgerichtshof entschied dann letztendlich, daß der Rechnungshof dennoch zuständig sei.

Kollege Schweitzer hat ja nur einen Teil aus diesem Rechnungshofbericht herausgenommen. Es geht nämlich nicht nur um das Lyocell-Werk in Heiligenkreuz, sondern es geht auch um Lenzing. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer.) Es geht darum, daß im Personalbereich viele Unverhältnismäßigkeiten vorgekommen sind. Ich sage dazu, und das habe ich schon einmal in einer Rede betont: In einem Privatbetrieb könnten derartige Unregelmäßigkeiten nicht geschehen! (Abg. Mag. Schweitzer: Da hat die SPÖ die Finger drinnen!) Wenn man diese Rechnungshofberichte liest, dann sieht man immer wieder querfeldein, daß solche Dinge eher in staatsnahen Betrieben vorkommen: Zu hohe Vorstandsbezüge, unterschiedliche Zuschußleistungen – interessanterweise nur bei den leitenden Angestellten, nicht bei den einfachen Angestellten! –, und die Urlaubsabfindung hast du, Karl Schweitzer, schon angesprochen. (Zwischenrufe des Abg. Mag. Schweitzer.)

Ich möchte aber auch etwas anderes betonen. Es ist niemand auf die ausländischen Beteiligungen eingegangen. Karl Schweitzer! Du hast dich über die Investitionen im Burgenland aufgeregt. Ich habe zum Beispiel nichts darüber gehört, daß in ein Viskosefaserwerk in Amerika rund 670 Millionen Schilling investiert wurden; Rückfluß: wahrscheinlich null. Dazu habe ich keine einzige Kritik seitens der Freiheitlichen Partei gehört. Es geht euch nur um das Burgenland. Dazu möchte ich schon sagen, daß man bei der Wahrheit bleiben muß. Karl! Wenn du ehrlich bist, dann mußt du zugeben, daß viel mehr dahintersteckt als nur die Kritik an Lenzing und an dem Betrieb. Wenn man sich die Problematik um das Lyocell-Werk Heiligenkreuz anschaut, dann sieht man, daß viele Kritikpunkte zwar stimmen, viele andere aber wiederum nicht. (Abg. Mag. Schweitzer: Alles!) – Nein, das sind zum Teil Halbwahrheiten.

Man kann nicht einfach sagen: ja oder nein. Gewisse Vorwürfe sind gerechtfertigt, darüber kann man diskutieren. Gehen wir das einmal durch.

Vorwurf Nummer eins: die Standortdiskussion. Der Herr Präsident hat die Argumente im Ausschuß auch entsprechend untermauert. Dazu gibt es Fakten, und man muß sich wirklich jedes Argument genauestens anschauen. Warum hat das Burgenland so darauf bestanden beziehungsweise warum haben Politiker darauf bestanden, daß das Lyocell-Werk in Heiligenkreuz gebaut wird? – Weil das Südburgenland – das weißt du als südburgenländischer Abgeordneter genau –, was die Wirtschaft anlangt, wesentlich unter dem Österreichdurchschnitt liegt. Es ist Ziel-1-Gebiet geworden, weil dort nicht einmal annähernd 75 Prozent des österreichweiten BIP-Durchschnitts erfüllt werden. (Abg. Mag. Schweitzer: Trotz 30 Jahren "Überholspur"! Trotz 30 Jahren Sozialpolitik!)

Karl Schweitzer! Da wirst du mir auch recht geben: Wenn man seitens der EU, seitens des Bundes Mittel zur Verfügung hat – und auch das Land hat dort investieren müssen, sonst hätten


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