Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 141. Sitzung / 44

Diese Beschlußfassung, die heute wohl erfolgen wird, sollte zum Anlaß genommen werden, auf den Paradigmenwechsel in den kontinentaleuropäischen Haftungsrechten bezüglich der Atomkraft hinzuweisen und gleichzeitig die Bundesregierung dazu einzuladen, diesen von uns nunmehr entwickelten Grundsatz bei jeder sich bietenden Gelegenheit zum Gesprächsgegenstand mit den Kolleginnen und Kollegen aus der Europäischen Union zu machen.

Das Abgehen vom Prinzip der Kanalisierung ist nämlich ein Quantensprung im Streben nach Kostenwahrheit in der Erzeugung von Elektrizität mittels Kernspaltung. In den USA wurde uns aufgrund der andersartigen rechtlichen Architektur vorgeführt, daß, wenn Haftungsfragen von den Betreibern ernst genommen werden müssen, in solche Anlagen, wie eben Kernkraftwerke, gar nicht mehr weiter investiert wird.

Diese Methode, einen Ausstieg zu ermöglichen, zu beschleunigen und umzusetzen, sollte meiner Ansicht nach eigentlich bei allen Leuten außer Streit stehen, auch bei jenen, die möglicherweise immer noch der hartnäckigen Auffassung sind, es handle sich dabei ohnedies um eine fortschrittliche und ungefährliche Technologie.

Ich halte diesen wirtschaftlichen Ansatz zum Abbau von indirekten Subventionen und zur Kostenwahrheit, der durch die Abschaffung des Prinzips der Kanalisierung ermöglicht wird, für wesentlich und das Herzstück des neuen Atomhaftungsgesetzes.

Es ist mir bewußt, daß wir damit keine allgemeine internationale Beliebtheit ernten werden und daß insbesondere die Bundesrepublik Deutschland in dieser Frage vor einer großen Prüfung steht. Ob auch in Deutschland kurzfristig, und zwar möglichst schon morgen, die Kanalisierung abgeschafft werden wird, das ist die eigentliche Gretchenfrage für die zukünftige Regierung und nicht die Frage des Ausstieges und seiner Geschwindigkeit. Daß ausgestiegen werden muß, hat sich allgemein herumgesprochen, selbst die Mehrheit der Bevölkerung ist inzwischen dafür. (Abg. Wabl: Die Freiheitlichen auch?) Nur, einige dickfellige Menschen sind immer noch der Auffassung, daß man das noch in die Länge ziehen kann. – Der Satz: Ich bin dafür, die Sache in die Länge zu ziehen! kann ja leider auf viele Themen angewendet werden.

Aber die Frage, ob die Bundesrepublik Deutschland in den nächsten Wochen und Monaten ein Atomhaftpflichtgesetz beschließen wird, in welchem ebenfalls von der Kanalisierung abgegangen wird, wird die Gretchenfrage für die nächste Regierung in Deutschland sein. (Beifall beim Liberalen Forum sowie der Abg. Ing. Langthaler.)

Ich meine, das von diesem Rednerpult aus sagen zu sollen, damit es später nicht abgestritten werden kann, denn ich habe Zweifel, ob dieser Gewaltakt in Deutschland gelingen wird. Es wird spannend sein zu sehen, wer sich bei der Regierungsbildung in der Bundesrepublik Deutschland durchsetzen wird: die SPD, die mit der Abschaffung der Kanalisierung wohl ihre Schwierigkeiten haben dürfte, oder die Grünen, die mit der Abschaffung der Kanalisierung ohne jeden Zweifel keine Schwierigkeiten haben. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Ich halte das für wichtiger als manches andere, denn das ist der Wahrheitsbeweis für die Aufrichtigkeit in Atomfragen. Wir werden heute durch Beschlußfassung des neuen Atomhaftpflichtgesetzes diesen Wahrheitsbeweis antreten und beweisen, daß das, was wir gesagt haben, von uns so ernst genommen wird, daß wir auch die rechts- und wirtschaftspolitischen Konsequenzen daraus ziehen und Rahmenbedingungen formulieren, die in diesem Bereich Kostenwahrheit ermöglichen.

Eine Kleinigkeit habe ich allerdings durch einen Abänderungsantrag noch auszubessern, und ich hoffe, daß dieser Abänderungsantrag eine Mehrheit finden wird. Wir hatten schon im Ausschuß Gelegenheit, darüber zu reden. Es handelt sich um den § 25 und seinen Abs. 1, der sich mit denjenigen befaßt, die entgegen der gesetzlichen Verpflichtung keine Haftpflichtversicherung abschließen, insbesondere bei Transporten von entsprechenden, unter die Regelungen dieses Gesetzes fallenden Stoffen.

Wir sind der Meinung, daß dieser § 25 Abs. 1 ergänzt werden muß. Ich trage nun den Abänderungsantrag zur Regierungsvorlage vor, der lautet:


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite