Der Zenit hieß: Fünfparteienbeschluß am 9. Juli 1997. Damit wurde ein ganzes Kompendium von Möglichkeiten eröffnet für eine aktive, für eine progressive, für eine engagierte österreichische Atompolitik, die wirklich das Prädikat "Schrittmacher" verdient. Was ist davon übriggeblieben?
Es gab schon im darauffolgenden August einen großen Zwischenfall, und zwar wurden Atomtransporte zu dem sehr gefährlichen Kraftwerk Krško durch Österreich durchgeführt. Dies wurde vorher nicht bekannt: Die Zollstationen waren nicht informiert, die Gendarmerie war uninformiert, es kam praktisch zu einem Fiasko in der Begleitung und in der Kontrolle von Atomtransporten.
Atomtransporte waren auch ein Thema des Volksbegehrens gewesen; und was hatte als Reaktion darauf Herr Innenminister Schlögl versprochen? – Sofortige Maßnahmen, ein sofortiges generelles Verbot! Abstrich Nummer eins von dem Fünfparteienbeschluß im Juli 1997 war es daher, daß dieses Versprechen des Herrn Innenministers bis heute nicht eingelöst worden ist. Bis heute fehlen die innerösterreichischen Aktivitäten, und bis heute fehlen die europäischen und die internationalen Aktivitäten Österreichs, um den Atomtransport durch unser Land zu verhindern beziehungsweise mit entsprechenden begleitenden Maßnahmen zu versehen. – Soweit der erste Abstrich.
Zweiter Abstrich: Es folgt der Herbst, und es kommt zu Verhandlungen mit NGOs über ein sogenanntes Maßnahmenpaket, das in weiterer Folge zu einem Ministerratsbeschluß im Dezember führt. Dieses Paket umfaßt beileibe nicht mehr alle wichtigen Punkte, die noch im Juli fixiert waren: Keine Rede mehr davon, daß eine Änderung des EURATOM-Vertrags anzustreben ist. Keine Rede mehr davon, daß die Schaffung von EU-Finanzinstrumenten für den Atomausstieg in Osteuropa notwendig ist. Keine Rede mehr davon, daß ein Auftreten gegen den neuen Euro-Reaktor notwendig ist. Keine Rede mehr davon, daß die Nutzung völkerrechtlicher Instrumente gegen die AKWs in unserem direkten Umfeld nötig ist.
Es ist in diesem Maßnahmenpaket auch keine Rede mehr davon, daß Förderungsmittel für nichtnukleare Projekte auf europäischer Ebene in verstärktem Umfang bereitgestellt werden müssen. Dieses Maßnahmenpaket zeigt schon Abstriche, es zeigt schon, wie der Zenit des Juli-Beschlusses scheibchenweise zurückgegangen ist und schön langsam unterzugehen droht.
Nächster Abstrich: Wir stehen bereits an der Jahreswende, und wir haben eine Diskussion darüber, ob die Atomwaffenfreiheit Österreichs in Verfassungsrang erhoben werden soll. Wir haben Vorstöße von seiten der SPÖ, von seiten des Koalitionspartners, mit konkreten Entwürfen zu einem Verfassungsgesetz, und wir haben die Blockade auf seiten der ÖVP. Man hat im Umweltausschuß genau die Hintergründe dieser ÖVP-Blockade erfahren. Heute hat Kollege Kopf ja wieder darauf hingewiesen, daß die ÖVP es nicht für notwendig hält, die Priorität der Atomwaffenfreiheit Österreichs auch in Verfassungsrang zu stellen. Und warum? – Brigadier Plasche hat im Umweltausschuß sehr wohl festgehalten, daß die verfassungsmäßige Verankerung dieses Passus – ich zitiere wörtlich aus dem Gedächtnis – eine gleich hohe Schranke für den NATO-Beitritt Österreichs sein würde wie die Beibehaltung der Neutralität.
Damit ist klar: Wir haben Abstriche von dem Kurs vom Juli 1997 auch im Bereich der Atomwaffen. Gerade der Atomwaffenbereich ist aber ein ganz zentraler Bereich, der auf jeden Fall von der gesamten Bevölkerung getragen wird und der an sich auch hier von allen Parteien getragen wird. Es gibt nur eine Partei, die kleine Abstriche macht und die endgültige Verankerung verhindert, und das ist die ÖVP. (Beifall bei den Grünen.)
Herr Klubobmann Khol! Sie sollten im Sinne der Regierungsdeklaration "Atomwaffenfreies Mitteleuropa" in erster Linie Österreich auch in dieser Hinsicht zu einem Musterstaat, zu einem echten Vorreiter machen. Sie blockieren, Ihre Fraktion blockiert, sozusagen die NATO-Schädel der ÖVP verhindern eine verfassungsmäßige Festlegung. – Soviel zum dritten Abstrich, zum dritten Einbruch gegenüber der Vereinbarung vom Juli 1997.
Der vierte Bereich: Wir haben mit Sondersitzungen und mit Dringlichen Anfragen zu Dukovany und zu Mochovce hier bereits eine sehr ausführliche Atomdebatte geführt. Der Hintergrund dafür war klarerweise die defensive österreichische Atompolitik in diesen zwei Fällen zwischen 1995