sogenannten Kopenhagener Kriterien (Wahrung der Menschenrechte sowie Achtung und Schutz von Minderheiten) widersprechen, sondern zudem den Grundsätzen der Europäischen Union, wie im (noch nicht in Kraft getretenen) Amsterdamer Vertrag (Art. 6 (ex-Art. F)) festgeschrieben, zuwiderlaufen. Trotzdem weigert sich die österreichische Bundesregierung diese Problematik zum Gegenstand der EU-Beitrittsverhandlungen zu machen. Österreich als Schutzmacht der Altösterreicher deutscher Muttersprache auf dem Gebiet der ehemaligen k.u.k. Monarchie hat nicht nur eine rechtliche und moralische Verpflichtung ihre Anliegen zu vertreten, sondern darüber hinaus die Möglichkeit (Stichwort: Vetorecht bei Beitrittsverhandlungsabschluß), diese auch durchzusetzen. Die italienische Regierung beispielsweise hat sehr wohl den Abschluß des Assoziierungsabkommen der EU mit Slowenien solange durch ihr Veto blockiert, bis die Forderungen der italienischen Flüchtlinge, die in den fünfziger Jahren gezwungen waren, Jugoslawien zu verlassen und deren Besitz enteignet wurde, erfüllt und im Assoziierungsabkommen vertraglich verankert wurden.
Unabhängig von der Tatsache, daß die von der österreichischen Bundesregierung verfolgte Strategie der bilateralen Erörterung und Lösung der bestehenden Probleme der Heimatvertriebenen und der Altösterreicher deutscher Muttersprache, wie die jüngsten Gespräche zwischen Bundeskanzler Klima und dem tschechischen Regierungschef Zeman neuerlich bestätigten, bislang ohne Erfolg blieben, vertreten die anfragestellenden Abgeordneten die Auffassung, daß die Aufhebung der Unrechtsgesetze letztlich keine bilaterale Angelegenheit ist. Menschenrechtsverletzende und völkerrechtswidrige Gesetze, die auch weiter Anwendung finden, können und dürfen einer Rechtsgemeinschaft wie der Europäischen Union nicht egal sein: Recht ist unteilbar. Diese Chance der Geschichte, die Wiederherstellung der Menschenrechte im Rechtsgut der beiden wichtigen europäischen Staaten Slowenien und Tschechische Republik durchzusetzen, darf nicht ungenützt bleiben.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an den Herrn Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten folgende
Dringliche Anfrage:
1. Ist es zutreffend, daß der Europäische Rat (Luxemburg 1997) in seinen Schlußfolgerungen betont hat, daß die Einhaltung der politischen Kriterien von Kopenhagen (Wahrung der Menschenrechte sowie die Achtung und den Schutz von Minderheiten) eine unabdingbare Voraussetzung für die Eröffnung von Beitrittsverhandlungen darstellen?
2. Ist Ihnen bekannt, daß die AVNOJ-Bestimmungen in Slowenien und die Beneš-Dekrete in der Tschechischen Republik nach wie vor in Kraft stehen?
3. Sind Ihrer Auffassung nach die nach wie vor in Slowenien gültigen AVNOJ-Bestimmungen und die in der Tschechischen Republik in Kraft stehenden und von Gerichten angewendeten Beneš-Dekrete mit den genannten Kopenhagener Kriterien in Einklang zu bringen?
4. Sind Sie der Auffassung, daß die nach wie vor in Slowenien gültigen AVNOJ-Bestimmungen und die in der Tschechischen Republik in Kraft stehenden und von Gerichten angewendeten Beneš-Dekrete den Grundsätzen der Europäischen Union, wie im (noch nicht in Kraft getretenen) Amsterdamer Vertrag (Art. 6 (ex-Art. F)) festgeschrieben, entsprechen?
5. Ist Ihnen bewußt, daß Staaten mit derartigen Rechtsbestimmungen eigentlich nicht Mitglied einer Rechtsgemeinschaft, die sich ‚zu den Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie und der Achtung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten und der Rechtsstaatlichkeit bekennt‘, sein sollten?
6. Teilen Sie die Meinung, daß es nicht angeht, daß in einem potentiellen EU-Mitgliedsland menschenrechtswidrige und diskriminierende Bestimmungen beziehungsweise Gesetze gegenüber Bürgern eines anderen Mitgliedstaates, nur wegen deren bestimmten Sprach- bzw. Volkszugehörigkeit, weiterhin in Kraft stehen und angewendet werden?