Unser Interesse an Tschechien und an dem, was in Tschechien passiert, ist ja ein weit, weit geringeres als umgekehrt. Das gilt im übrigen auch für Slowenien. Wir wissen auch über unsere beiden Nachbarländer viel weniger, als die Menschen dort über Österreich wissen – gar nicht davon zu reden, wie wenige Österreicher die Sprache dieser Nachbarländer sprechen, soferne sie nicht Minderheitenangehörige sind, und wie häufig beziehungsweise fast selbstverständlich es ist, wenn man nach Tschechien oder Slowenien kommt – jetzt kann ich auch den Bogen über Ungarn spannen –, daß die Bevölkerung dort Deutsch spricht.
Dieses Entgegenkommen zeigt ja, wie einfach es uns von dieser Seite vielfach schon gemacht wird, Nachbarschaft aufzubauen. Aber das, was jetzt mit der Problematisierung, die durchaus gegeben ist, was jetzt mit jener Schlagseite, die die Freiheitliche Partei in diese Diskussion einbringt – und diese Frage war ja schon davor in Diskussion –, gemacht wird, geht noch weiter. Da haben sich ja die Kolleginnen und Kollegen der FPÖ nichts ausdenken müssen, sie haben ja nur das übernommen, was der Kärntner Heimatdienst in Kärnten schon ganz eindeutig sagt, tut und fordert. Dieser geht ja weit darüber hinaus, indem er sagt, Tschechien und Slowenien dürfen nicht in die EU aufgenommen werden, solange nicht die Bedingungen, die er aufgestellt hat, erfüllt sind. Der Kärntner Heimatdienst geht ja viel weiter, und aus den Debattenbeiträgen der FPÖ klingt das auch durch. Sie wollen doch auch ein für alle Mal und für alle Zukunft verhindern, daß es überhaupt Überlegungen über gemeinsame Aktivitäten und Aktionen der Regionen Kärnten, Friaul, Julisch-Venetien und Slowenien gibt. Das ist ja noch weit tiefer verwurzelt.
Das, was meiner Ansicht nach das Wesentliche an der heutigen Sitzung ist, ist die Tatsache, daß die Freiheitliche Partei jedes Mittel und alles, was nur möglich ist und zur Verfügung steht, tun wird, um die Erweiterung der Europäischen Union um diese Länder – wir sprechen heute von Tschechien und von Slowenien – zu verhindern. Der Freiheitlichen Partei ist jedes Mittel recht, um hier Stimmung dagegen zu machen, und damit auch Ressentiments, Gegnerschaft und Vorurteile in der österreichischen Politik und in der österreichischen Bevölkerung zu schüren. (Beifall bei den Grünen.)
Kein Argument, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird der Freiheitlichen Partei hier zu billig sein. Das zeichnet sich schon ab. Das ist es, was mich bezüglich der Frage der zum Teil wirklich mehr als berechtigten Anliegen und auch der Frage der Menschenrechte der Sudetendeutschen in Österreich, jetzt mehr schmerzt. Ich frage mich immer: Wie kommen die Sudetendeutschen dazu, daß eine Partei ihr legitimes Anliegen in dieser Art und Weise instrumentalisiert und damit notwendige und zielführende Diskussionen zwar nicht ausschließt, aber maßgeblich erschwert? (Abg. Jung: Was können die armen Kroaten Österreichs dafür, daß ...?)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Auftritte der Vertreter der Organisationen, die ich bis jetzt im Fernsehen gesehen, die Aussagen, die ich im Radio gehört oder auch in Zeitungen gelesen habe, sind so besonnen und so realistisch, wie ich sie gar nicht erwartet hätte. Die, die Öl ins Feuer gießen, sind die Freiheitlichen. Und diese haben ihre ganz erklärten Absichten. Die Absicht heißt, alles zu tun, um den Beitritt Tschechiens und Sloweniens in die Europäische Union zu verhindern und hier die Stimmung in Österreich anzuheizen.
Und das ist so leicht zu durchschauen, daß ich den Herrn Vizekanzler bitte – es gibt ohnehin keinen Hinweis darauf –, nicht in diese Falle zu laufen. Sein heutiger Redebeitrag und seine Anfragebeantwortung stimmen mich ja dahin gehend sehr positiv, daß das nicht passieren wird. (Abg. Scheibner: Das sagt eh schon alles!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Beispiele für eine Auseinandersetzung, die eine weitaus schwierigere und auch historisch belastetere ist, nämlich das Verhältnis zwischen Tschechien und Deutschland, wie dieses Handling vor sich geht, sind für uns in Österreich ein Muster, das wir uns abschauen können. Ich meine, daß die Idee – ich kann jetzt nicht sagen, inwieweit sie konkretisiert wurde –, eine Historikerkommission einzusetzen, wie es anläßlich des Besuchs von Regierungschef Zeman in Österreich ausverhandelt, verabredet beziehungsweise besprochen wurde, ein wesentlicher und richtiger Schritt ist, denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist nicht im Interesse der Sudetendeutschen, daß hier aufgeregt und jetzt auch – unter Anführungszeichen – "politisch belastet" diskutiert wird. (Abg. Dr. Graf: Woher wissen Sie