Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 141. Sitzung / 164

Ich möchte den großen Bereich Zivilrecht ansprechen. Da wird es ganz schwierig, denn da geht es meist um nicht gerade kleine Summen, um kleine Ansprüche, um bescheidene Rechte, sondern meist doch um sehr ansehnliche Beträge, um sehr ansehnliche und umfangreiche Rechte. Da ist wiederum die Mitwirkung des Dolmetsches und auch des Sachverständigen oft entscheidend. Ich beschränke mich in diesem Fall auf den Bereich, den ich persönlich näher kenne. Es ist sehr wichtig, gerade auch im Zivilverfahren die Entscheidung letztlich nicht von sozusagen falschen und ungenauen Voraussetzungen, nämlich Übersetzungen, abhängig zu machen.

In letzter Zeit – das wissen wir alle, die wir in diesem Bereich tätig sind – hat das Vertragsrecht eine große Ausweitung erfahren. Wir wissen, daß durch die enorme Globalisierung beziehungsweise "Mitteleuropäisierung" der Wirtschaft, vor allem auch unsere Nachbarländer im Osten betreffend, der Nachholbedarf in diesen Sprachen enorm gestiegen ist, damit nicht unbedingt Schritt gehalten hat – ich glaube, das sagen zu dürfen – die Qualität der Personen, die diese Sprachen verwenden: sei es als Übersetzer oder als Sachverständiger.

Meine Damen und Herren! Davon kann zum Beispiel auch ein Kärntner Slowene oder ein burgenländischer Kroate, der in den Genuß der slowenischen beziehunsgweise kroatischen Amtssprache kommt, ein Lied singen. Ich könnte Ihnen reihenweise Bescheide von Kärntner Behörden vorlegen, aus denen hervorgeht, daß die Kenntnis der slowenische Sprache äußerst mangelhaft ist, es gibt Bescheide, die in ihrer Sprache unverständlich sind. Auch im Burgenland gibt es Bescheide, die unverständlich sind, die jemand sozusagen irgendwie mutig formuliert hat, der, sich auf seine – entschuldigen Sie – kroatische oder slowenische Großmutter berufend, versucht hat, in die Sprache einer Minderheit zu übersetzen. (Abg. Gaugg: Wie schaut das in Slowenien aus?) – Ausgezeichnet schaut das dort aus. (Abg. Gaugg: Die haben sie ausradiert, die deutsche Minderheit!) Zum Beispiel die ungarische und italienische Volksgruppe: Da wird immer danach getrachtet, daß zum Beispiel Murska Sobota, der Präsident des dortigen Gerichtes, der ungarischen Sprache selbstverständlich mächtig ist. Also da gäbe es einige Möglichkeiten, sich von Slowenien etwas abzuschauen. (Zwischenrufe des Abg. Gaugg.)

Ich will natürlich nicht parteiisch sein. Es ist klar: Es gibt auch anderswo sehr große Mängel. Das betrifft auch Schriftstücke aus den Nachbarländern oder auch von anderswo. Auch aus Spanien zum Beispiel habe ich schon Papiere bekommen, die mehr oder minder verständlich waren.

Ich möchte in diesem Zusammenhang in einigen Sätzen noch auf das Volksgruppenrecht hinweisen, speziell auf das Volksgruppengesetz, wo Übersetzungen in die Volksgruppensprachen als eine Art Regel postuliert werden. Da ist es natürlich ganz wichtig, daß die Volksgruppen, wenn sie eine Ausfertigung in ihrer Muttersprache bekommen, nicht das Gefühl haben, daß das Dokument in ihrer Sprache nur eine Ersatzausfertigung beziehungsweise eine zweitrangige Ausfertigung ist, sondern daß sie wirklich ein gleichwertiges Dokument in den Händen halten. Ich muß sagen: Häufig ist das nicht so.

In diesem Zusammenhang sind zumindest drei Bezirksgerichte in Kärnten lobend zu erwähnen, in denen die slowenische Amtssprache sehr wohl zugelassen ist. Herr Justizminister! Wie Sie jedoch wissen, harren noch sechs weitere Bezirksgerichte einer entsprechenden Ausweitung dahin gehend, daß auch dort die Amtssprache Slowenisch eingeführt wird. Sie wissen, daß diese Forderung in einer Reihe von Vorstellungen, die slowenische Organisationen eingebracht haben, enthalten ist.

Ich glaube, in Kärnten und im Burgenland sollte man auch den Mut haben, die Gerichtssprache auszuweiten. Die Gerichtssprache ist an sich oft weit weg von der Sprache des Bürgers. Aber wenn er diese Sprache im Umgang mit Gericht oder Behörde braucht, dann kann sich die Sprache zu einer zentralen Frage entwickeln.

Deshalb fordern wir auch im Sinne der Öffnung in Richtung Europa: Stützen, stärken und fördern wir die Sprachen in unserem Land, denn die Sprachen unserer Staatsbürger, unserer Volksgruppen, sind eine erste kräftige Brücke auch zu unseren neuen Freunden, die wir bald in der EU begrüßen wolen! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

20.21


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