Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 141. Sitzung / 180

Hohen Hause ein Gesetz zu beschließen, aber das wäre die allerschlechteste Motivation. Das sage ich nur der Vollständigkeit halber. Aber das nur am Rande; nun zum Ernst!

Sie sagen selbst, daß man die zersplitterte Verfassungsrechtslage durch eine einheitliche Regelung ersetzen sollte. Aber genau das ist es, was meines Erachtens mit dieser Vorlage nicht erreicht werden kann. Dadurch wird die zersplitterte Verfassungsrechtslage in der Volksgruppenproblematik überhaupt nicht beseitigt, weil Sie im Gegenzug keine Änderungen in den anderen Bestimmungen vornehmen oder etwas streichen, sondern lediglich etwas Zusätzliches schaffen wollen. In diesem Zusammenhang ist schon gesagt worden, daß das verfassungsrechtlich sogar mit dem Staatsgrundgesetz nicht möglich wäre.

Ich glaube auch, daß es der falsche Weg ist, das Ganze über das Staatsgrundgesetz zu regeln. Es freut mich, zu hören, daß die SPÖ, offensichtlich beseelt durch ihre eigene Programmdiskussion, das Programm der Freiheitlichen verinnerlicht hat und in bezug auf die Volksgruppen eine Staatszielbestimmung im B-VG selbst festschreiben will. Das ist an sich eine freiheitliche Idee, die gut ist. Ein Bekenntnis soll festgeschrieben werden, anstatt durch die Hintertüre über eine Änderung des Staatsgrundgesetzes die Verfassung noch mehr zu beladen.

Aber eines muß ich hier unumwunden sagen: Was mich an der Rede des Kollegen Smolle beeindruckt hat, ist der Umstand, daß er uns in Wirklichkeit – und jetzt knüpfe ich auch an die heutige Nachmittagsdebatte an – in bezug auf die Vorgangsweise recht gegeben hat. Da drängt sich mir allerdings die Frage auf, warum die Grünen und auch die Liberalen bei unserem Antrag am Nachmittag nicht mitgestimmt haben. Sie haben heute implizit zugestanden, daß Nachbarländer Forderungen – Sie haben es so genannt – abtrotzen können. Ich habe mir die paar Worte aufgeschrieben, die da lauteten: "Forderungen der Nachbarländer, die uns abgetrotzt wurden". Das würde umgelegt bedeuten, daß es durchaus Sinn macht, wenn ein Nachbarland entsprechend klar und hart vorgeht – auch in der Frage der Sudetendeutschen.

Damit komme ich wieder auf den Nachmittag zurück: Das ist ja genau unser Weg gewesen! Es ist also auch Ihrer Meinung nach ein zulässiges Mittel der Politik, aber heute haben Sie dem Ihre Zustimmung verwehrt.

Sie selbst haben gesagt, Verträge müsse man sich nicht immer abtrotzen lassen. In Ordnung! Wir in Österreich sind ja schon um Meilensteine weiter als viele unserer Nachbarländer. Diese befinden sich heute, am Ende des zweiten Jahrtausends, in einer Phase, in der man Ihnen noch etwas abtrotzen muß – gerade in diesen Fragen!

Wir sind schon so weit, daß wir sehr viele und gute Regelungen selbst gerne beschlossen haben, meist sogar mit Einstimmigkeit dieses Hauses – gerade in der Volksgruppenfrage ist das sehr oft der Fall gewesen –, aber unsere Nachbarländer sind offensichtlich noch nicht so weit.

Die heutigen Aussagen haben mich in meiner Meinung bestärkt, daß bei den Liberalen beziehungsweise beim Kollegen Smolle in dieser Frage doch ein Umdenken stattfindet. Man sieht, daß diese erste Lesung Sinn gemacht hat, und im Ausschuß werden wir uns darüber noch ein bisserl mehr unterhalten.

Wir halten in diesem Zusammenhang den Weg über das Staatsgrundgesetz nicht für den richtigen Weg, auch nicht für den formaljuristisch richtigen Weg, aber man kann und soll über alles reden, vielleicht kommen wir im Ausschuß auf eine gute, gescheite Idee.

Andererseits werden wir Ihre Argumente, die Sie in der Frage der Implantierung von Volksgruppenrechten in Österreich verwenden, vehementest auch in bezug auf unsere Nachbarländer einfordern, damit dort ebenfalls Volksgruppenrechte und Menschenrechte implantiert werden, auch wenn wir sie abtrotzen müssen. – Das war eigentlich mein Redebeitrag für den heutigen Tag. Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.29

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.


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