Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 141. Sitzung / 181

21.29

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Die erste Lesung hat zumindest erbracht, daß – was wir auch damit bezweckt haben – grundsätzlich das Problem auf dem Tisch ist, bevor in den Ausschußberatungen Einzelheiten besprochen werden. Ich kann namens meiner Fraktion sagen, daß für uns das inhaltliche Anliegen, das hier in der Gestalt einer Anpassung des Staatsgrundgesetzes vorgelegt wurde, im Vordergrund steht. Wenn manche meinen, daß diese Bestimmung besser im Rahmen des Artikels 8 B-VG aufgehoben wäre, dann kann ich sagen: Das wird nicht der springende Punkt sein, vielmehr geht es um die Philosophie und die inhaltlichen Fragen!

Weil manche Redner hier – auch Kollege Steindl – die aktuelle Situation, die teilweise auch Rechtslage ist, so positiv geschildert und sich um den Staatsvertrag Sorgen gemacht haben, möchte ich ausdrücklich festhalten: Im Initiativantrag des Liberalen Forums wird in einem Artikel 2 auf den Staatsvertrag ausdrücklich Bezug genommen. Es hat aber der Staatsvertrag, der für uns natürlich eine wesentliche Urkunde ist, sozusagen auch eine Schattenseite, denn ohne diesen Staatsvertrag gäbe es für die slowenische und kroatische Volksgruppe nicht einmal eine Schutznorm, weil völkerrechtlich abgesichert, im Verfassungsrang. Es ist genau genommen eine Schande, daß wir uns seit 1955 ausschließlich auf diese uns in Vertragsform aufgetragene Verpflichtung stützen müssen und keine adäquate Verfassungsnorm im innerstaatlichen Recht haben. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Insofern ist es mir auch wichtig, darauf hinzuweisen, daß mir eine Staatszielbestimmung allein zuwenig wäre. Ich würde mich über eine Staatszielbestimmung freuen, dagegen hätte ich gar keinen Einwand, aber sie ist meiner Meinung nach für sich genommen zuwenig, weil es ihr an normativer Kraft mangelt. Ich meine aber, daß es einer Verfassungsbestimmung mit normativer Schutzwirkung bedarf, damit die dann darunter anzuordnenden einfachgesetzlichen Regelungen auf ihre Stimmigkeit im Hinblick auf die Verfassungsnorm geprüft werden können, damit manches, was heute zwar gesetzlich eingeräumt, aber verfassungsrechtlich nicht abgesichert ist, nicht mehr der beliebigen Dispositionsfreiheit irgendwelcher Mehrheiten in den Parlamenten ausgesetzt ist, weil es dann unter Verfassungsschutz stünde.

Dann könnten wir unter Umständen zum Beispiel auch zu Volksgruppenbeiräten finden, die nicht auf Gedeih und Verderb auf die Gnade des Bundeskanzlers angewiesen wären, weil nur er die Beiräte ernennt und keine demokratische Mitwirkung der Volksgruppen selbst vorgesehen ist. Wir hätten dann erstmals in dieser Republik, Herr Kollege Steindl, auch einen verfassungsmäßigen Schutz nicht nur – wenngleich es mich freut, daß es diesen gibt – für die Slowenen und für die Kroaten, sondern auch für die Tschechen, für die Slowaken, für die Ungarn und auch für die Roma und Sinti auf Verfassungsniveau. Ich meine, daß es sehr wohl der Mühe wert wäre, diese Materie im Verfassungsausschuß gründlich zu diskutieren!

Ich weise noch einmal darauf hin, daß der Zweite Präsident dieses Hauses, Dr. Neisser, in verfassungsrechtlichen Fragen nicht irgend jemand ist, sondern jemand, auf den man sowohl aufgrund seiner politischen Erfahrung als auch aufgrund seiner wissenschaftlichen Autorität hören sollte. Ich hoffe, daß die Beratungen im Ausschuß konstruktiv sein werden. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

21.34

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Restredezeit ihres Klubs: 14 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.34

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Dobar večer! Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Über Volksgruppenpolitik zu reden, macht nicht nur spät am Abend Sinn, sondern macht immer Sinn. Ich bin Kollegen Smolle und auch meinem Kollegen Wabl, der Mitantragsteller ist, sehr dankbar, daß sie sich die große Mühe gemacht haben, dem Nationalrat einen so umfangreichen Initiativantrag vorzulegen, wenngleich ich nicht mit allen Aspekten, die darin enthalten sind, übereinstimme. Ich teile zwar die Intention, meine aber, daß das nicht die wirklich optimale Stoßrichtung für die verfassungsgesetzliche Absiche


Vorherige SeiteNächste Seite
HomeSeite 1