Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 142. Sitzung / 73

Erstens: die Frage nach der Ursache des Grubeneinsturzes am 17. Juli 1998 und die Feststellung der hiefür allenfalls strafrechtlich Verantwortlichen,

zweitens: der Komplex Bergevorgang einschließlich der Frage einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit dafür, daß die später verschütteten zehn Menschen in der gegebenen Gefahrensituation am Abend des 17. Juli 1998 in das Bergwerk einfahren oder dort verweilen durften.

Die Staatsanwaltschaft Leoben war von Anfang an bemüht, umgehend die für eine möglichst rasche und umfassende Aufklärung des Sachverhaltes erforderlichen Untersuchungen einzuleiten. Sie hat noch am Samstag, den 18. Juli 1998, vormittags die Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos für Steiermark ersucht, sofort die für die Aufklärung des Sachverhaltes erforderlichen Erhebungen vor Ort aufzunehmen. Zugleich wurde beim Landesgericht Leoben beantragt, im Rahmen gerichtlicher Vorerhebungen einen Sachverständigen aus dem Fach des Bergschadenwesens beizuziehen und mit der ungesäumten Befundaufnahme und anschließenden Gutachtenserstattung zu beauftragen.

Vom Gericht wurde zunächst noch am selben Tag, dem 18. Juli 1998, Univ.-Prof. Dr. E. C. zum Sachverständigen bestellt. Nachdem dieser am 21. Juli 1998 Umstände aufzeigte, denen die Eignung zukommen könnte, seine volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen, wurde an seiner Stelle der deutsche Univ.-Prof. Dr. Hollmann zum Sachverständigen bestellt. In weiterer Folge wurde zusätzlich der deutsche Geologe Dipl.-Ing. Dr. Meissner zur Beurteilung boden-, gebirgs- und hydromechanischer Fragestellungen zum Sachverständigen bestellt.

Am 22. Juli 1998 wurde das Landesgendarmeriekommando mit der Beschaffung von Unterlagen bei der Firma Naintsch Mineralwerke GmbH beauftragt. Am 23. Juli 1998 nachmittags fand ein Ortsaugenschein in Lassing statt, an dem die Untersuchungsrichterin, der Sachverständige, Beamte des Landesgendarmeriekommandos und der Staatsanwalt teilnahmen. Der Lokalaugenschein wurde auch zu kurzen informativen Gesprächen mit dem Betriebsleiter und dem Einsatzleiter sowie – durchaus im Einvernehmen mit der Betriebs- und Einsatzleitung – zur Beischaffung von Unterlagen, vorwiegend Plänen, genützt. Nach der nächtlichen Herstellung von Kopien durch das Landesgendarmeriekommando wurden die Originale in der Früh des nächsten Tages vereinbarungsgemäß zurückgestellt.

In der Folge wurden die Ermittlungen vor allem von der von der Staatsanwaltschaft beauftragten Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos unter Mitwirkung der beiden vom Gericht bestellten Sachverständigen durchgeführt.

Zwischen den Leobener Justizbehörden und der ermittelnden Sicherheitsdienststelle fanden und finden laufend Kontaktgespräche über den aktuellen Stand der Untersuchungen statt. Dabei wird, auch unter Berücksichtigung der vom Sachverständigen sukzessive mitgeteilten Befundergebnisse, das weitere erforderliche und zielgerechte Vorgehen besprochen.

Nachdem die Justiz sehr rasch in den Besitz der entsprechenden Pläne und Unterlagen gelangen konnte, war der Sachverständige Dr. Hollmann schon bald zur Erkenntnis gelangt, daß die Überschreitung des Abbauhorizontes mit hoher Wahrscheinlichkeit zumindest mitursächlich für das Grubenunglück gewesen sein dürfte. Die weiteren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und der Sicherheitsbehörden beruhen auch auf der Basis dieser Erkenntnis. Auch kann es als gesichert gelten, daß in diesem Bereich über erteilte Genehmigungen hinaus abgebaut wurde. Die strafrechtlichen Kausalitätsfragen sind allerdings noch nicht restlos geklärt. Eine endgültige Beurteilung der Einsturzursache kann erst nach Vorliegen der schriftlichen Gutachten erfolgen. Allenfalls könnten hiefür aber noch Probebohrungen erforderlich sein. Dem Vernehmen nach sind die Sachverständigen zuversichtlich, ein Gutachten noch in diesem Jahr fertigstellen zu können.

Die näheren Umstände im Zusammenhang mit der Verschüttung von weiteren zehn Menschen und den Versuchen ihrer Bergung werden noch aufgearbeitet. Wenn sich verläßlich herausgestellt haben wird, wie die Verantwortungsbereiche gelagert sind, wer zu welchem Zeitpunkt welches Wissen hatte und dergleichen mehr, werden sich die jeweils Tatverdächtigen konkretisieren lassen.


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